Bienenwachs im Bienenstock

Bienenwachs (der lateinische bzw. pharmazeutische Name lautet „Cera“) wird in den Wachsdrüsen von Arbeiterbienen produziert. Am meisten Wachs produzieren die Bienen im Alter zwischen 13 und 18 Tage, da in diesem Lebensabschnitt der Arbeiterbienen die Wachsdrüsen am Besten ausgebildet sind. Bienen besitzen aber auch die Fähigkeit zurückgebildete Wachsdrüsen erneut zu reaktivieren. Dies passiert beispielsweise bei einem Schwarm, wo auch ältere Bienen wieder Wachs produzieren. Es ist naheliegend, dass die Bienen während der Sommermonate das meiste Wachs produzieren, da mit zunehmenden Sammelaktivitäten auch entsprechende Lagermöglichkeiten geschaffen werden müssen. Somit hat auch eine dünnflüssige Fütterung (Mischungsverhältnis 1:1) eine stimulierende Wirkung auf den Bautrieb. Schwärme haben stets einen besonders starken Bautrieb, da mit dem Bezug einer neuen Wohnung auch gleichzeitig der Wunsch nach einem intakten Nistkörper gegeben ist. So kann es vorkommen, dass Völker ganze Waben in einer Nacht vollständig ausbauen.

Das flüssige Wachs wird von den Bienen über die Wachsdrüsen und die 4-paarigen Wachsspiegel, welche sich auf den Bauchschuppen der Hinterleibssegmente befinden, ausgeschieden (Der Imker spricht von „Wachs ausschwitzen“). Die Wachsdrüsen werden über den Fettkörper der Bienen versorgt.

An der Luft härtet das Wachs sofort aus. Die entstehenden Wachsplättchen werden von den Bienen mit den Beinen abgenommen, von den Mandibeln zerkaut und mit dem Sekret der Oberkieferdrüse vermischt. Diese weiche Masse wird dann zum Bau der Waben verwendet. Damit sind die Bienen in der Lage, über die eigene Wachsausscheidung das Baumaterial für das Zuhause zu erzeugen. Bienen sind aber nicht die einzigen Wachsproduzenten. Auch Hummeln produzieren Wachs. Die Farbe des Wachses richtet sich nach den aktuellen Trachtverhältnissen und wird durch das Pollenöl im Blütenpollen (Blütenpollen enthält den Naturfarbstoff Carotin) verursacht. Bei Löwenzahntracht entstehen stark gelb gefärbte Waben. Die von den Bienen erzeugten Wabenzellen sind sechseckig. Diese Form bietet maximale Stabilität bei gleichzeitig maximalem Fassungsvermögen.

Imker können den Bautrieb der Bienen oftmals auch über die auf den Stockwindel zu findenden weißen Wachsplättchen erkennen. Die Imker unterstützen die Bienen beim Bau ihres Nestes durch vorgefertigte Mittelwand-Wachsplatten. Der Bau des Nestes wird dadurch wesentlich beschleunigt und auch der Honigverbrauch der Bienenvölker reduziert. Durch die Vorprägung der Zellen auf den Mittelwänden wird vom Imker auch schon eine gewisse Grundstruktur (Arbeiterinnen-Zellen anstatt Drohnen-Zellen) vorgegeben; die Bienen halten sich allerdings nur bedingt an diese Vorgaben.

Imker müssen sich stets bewusst sein, dass Bienen akustische Signale nicht hören können. Sie nehmen nur Vibrationen wahr. Der von den Bienen zur Kommunikation praktizierte Schwänzel- und Rundtanz (entdeckt vom österreichischen Verhaltensforscher und Nobelpreisträger Karl von Frisch) wird im dunklen Stock daher von den Bienen als Vibrationen auf den Waben wahrgenommen. Jeder Imker kann sich somit leicht ausmalen, welche Auswirkungen die Verwendung von falschem bzw. falsch vibrierenden Wabenmaterial (Kunststoffwaben, Wachs mit Zusatzstoffen) auf das Bienenvolk haben kann.

Inhaltsstoffe / Wirkung von Bienenwachs

Bienenwachs besteht aus Myricin (ca. 65%), einem Gemisch von Estern langkettiger Alkohole und Säuren, das von Palmitinsäuremyricyleser dominiert wird. Daneben aus freier Cerotinsäure, Melissinsäure und ähnlichen Stoffen (ca. 12%), gesättigten Kohlenwasserstoffen (ca. 14%), Alkoholen (ca. 1%) und anderen Stoffen (z.B.: bienenartspezifische Aromastoffe).

Bienenwachs enthält das als Anti-Aging Vitamin bekannte Vitamin A in beträchtlicher Menge. In einem Kilogramm Bienenwachs sind 41.000 I.E (Internationale Einheiten) Vitamin A enthalten. 1 Kilogramm Rindfleisch enthält im Vergleich dazu nur 600 I.E an Vitamin A. Vitamin A fördert die Kollagen-Bildung (Haut bleibt elastisch) und schützt vor UV-Strahlung. Bienenwachs hat antiseptische und entzündungshemmende Eigenschaften.

Die antibakteriellen und schützenden Eigenschaften von Bienenwachs sind für die Kosmetik und Lebensmittelindustrie von Bedeutung. So wird beispielsweise Obst mit einer Bienenwachsschicht überzogen um das Obst vor schnellem Austrocknen zu schützen und dem Obst einen ansprechenden Glanz zu verleihen.

Gewinnung von Bienenwachs

Bienenwachs ist sehr wertvoll und sollte sehr respektvoll behandelt und genutzt werden. Früher wurden Bienenwachskerzen nur zu besonderen Anlässen, besonders im kirchlichen Raum, angezündet. Für ein Kilogramm Bienenwachs sind mehr als eine Million Wachsplättchen und ein Futterbedarf von ca. 10 kg Honig notwendig.

Jeder Imker sollte anstreben, ohne Zukauf von fremdem Wachs auszukommen, um im Wachs gespeicherte und angereicherte Schadstoffe zu vermeiden (eigener Wachskreislauf). Dies ist gerade für Jung-Imker am Anfang ein Problem. Jung-Imker sollten daher anfänglich nur Wachs von vertrauenswürdigen Stellen und hoher Qualität kaufen und dem eigenen Wachs beimengen.

Bei guten Trachtverhältnissen kann man ca. 30 % des bestehenden Wabenmaterials im Bienenvolk durch die Gabe von frischen Mittelwänden austauschen (Bauerneuerung) und somit Wachs gewinnen. Mehr Wabenmaterial sollte man aber nicht entnehmen, da die Bauerneuerung für die Bienen eine enorme Kraftanstrengung bedeutet und sich somit auch negativ auf den Honigertrag auswirken kann.

Bei Imkern, welche die totale Brutentnahme als biotechnische Varroabehandlungsmethode (mit oder ohne Duplex-Wabentasche bzw. Bannwabenverfahren) anwenden, passiert die Bauerneuerung quasi automatisch, da die entfernten Brutwaben ja meist sofort durch Mittelwände ersetzt werden.

Grundsätzlich muss man zwischen behandeltem und unbehandeltem Bienenwachs unterscheiden. Bei jeder Behandlung der Bienenvölker mit einem Tierarzneimittel muss man leider davon ausgehen, dass sich Reste der Arzneimittel auch im Wachs ablagern. Bei Wachs, welches aus der Bauerneuerung gewonnen wird, handelt es sich meist um behandeltes, stark verunreinigtes Altwachs. Dieses Wachs sollte getrennt aufbewahrt und beispielsweise für die Herstellung von Wachskerzen verwendet werden.

Anders sieht die Sache bei Entdeckelungswachs, Wachs aus Drohnenrähmchen und Wildbau-Wachs aus. Sofern dieses Wachs mit keinen Arzneimitteln in Berührung gekommen ist, ist dieses Wachs als wesentlich hochwertiger einzustufen. Dieses Wachs kann in Folge für die Herstellung von neuen Mittelwänden oder für Kosmetikprodukte verwendet werden.

Achtung: Niemals Wachsreste, wie beispielsweise Kerzenreste von Bienenwachskerzen, dem Wachs für Mittelwände hinzufügen. Bienenwachs-Kerzen wird oftmals auch Stearin oder Paraffin beigemengt, damit die Kerzen besser abbrennen. Kerzen werden auch oftmals mit einer Lackschicht überzogen. All diese Zusatzstoffe dürfen niemals in die Bienenstöcke geraten.  Mittelwände, welche nicht aus reinem Bienenwachs hergestellt sind, können von den Bienen nicht mehr richtig verarbeitet werden, die Bienenlarven sterben ab und die Völker können sich nicht richtig entwickeln.

Das Wachs aus den Bienenstöcken wird von den Imkern mit heißem Wasser (Dampfwachsschmelzer) oder durch Sonneneinstrahlung (Sonnenwachsschmelzer) aus den Rähmchen ausgeschmolzen und anschließend gereinigt. Zum Reinigen wird das Wachs nochmals flüssig gemacht und dann durch ein Sieb in einen Topf mit heißem Wasser geleert. Dadurch kühlt das Wachs nur langsam ab und Schmutzteilchen können sich gut absetzen. Ist das Wachs dann komplett abgekühlt, können die am Boden abgesetzten Schmutzteilchen einfach mit einer Spachtel oder einem Messer abgekratzt werden. Als Auffangbehälter sollten auch nur Gefäße aus lebensmittelechtem Material verwendet werden. Bei Kunststoffbehältern besteht die Gefahr, dass die im Kunststoff enthaltenen Weichmacher an das heiße Wachs abgegeben werden.

Achtung beim Schmelzen des Wachses: Wachs kann auch zu brennen beginnen. Daher niemals zu hoch erhitzen und niemals unbeaufsichtigt lassen. Niemals das Wachs direkt auf der Herdplatte erhitzen, da es sonst zu schnell zu heiß werden kann.

Ein Wasserbad oder doppelwandige Wachsschmelztöpfe sind zum Schmelzen zu empfehlen. Über das kochende Wasser (Wasser siedet bei 100 Grad Celsius auf Meereshöhe, pro 300 Höhenmeter sinkt der Siedepunkt um ein Grad Celsius) hat man stets die Temperatur gut unter Kontrolle. Wachs beginnt ab ca. 60 Grad Celsius zu schmelzen und ist zwischen 62 und 65 Grad Celsius flüssig.

Bei 100 Grad Celsius werden bereits fast alle Krankheitserreger, wie beispielsweise die Krankheitserreger von Nosema und Kalkbrut, im Wachs abgetötet. Zum Abtöten der Sporen der Amerikanischen Faulbrut sind aber höhere Temperaturen (130 Grad Celsius) notwendig, welche mindestens eine halbe Stunde auf das Wachs einwirken müssen um dieses zu sterilisieren. Dazu sind aber spezielle Gerätschaften (Kessel mit einem Öl-Mantel) notwendig, welche in der Regel eigentlich nur Wachsumarbeitungsbetriebe (beispielsweise Bienenwachsverarbeitung Verena Forthofer in Hallein) besitzen. Imker sollten stets nur Mittelwände aus sterilisiertem Wachs einsetzen.

Hinweis: Auch Wachs für Bienenwachskerzen sollte entsprechend oft gereinigt werden, da gereinigtes Wachs wesentlich besser verbrennt und nicht rußt.

Hinweis: der beim Ausschmelzen der Rähmchen zurückgebliebene Trester kann unter die Komposterde eingearbeitet werden. Es gibt auch Imker, welchen den Trester trocknen und verbrennen. Diese Handhabung erscheint aber sehr aufwändig und wenig sinnvoll, da beim Trocknen darauf geachtet werden muss, dass keine Bienen angelockt werden und die Verbrennung zum Verrußen des Kamins führen kann.

Bienenwachs im Handel und in der Industrie

Im Handel gibt es für Bienenwachs die Bezeichnungen „Cera flava“ (gelbe Farbe) und „Cera alba“ (weiße Farbe) bzw. die EU-Kennzeichnungsnummer „E 901“. Sowohl bei „Cera flava“ als auch bei „Cera alba“ handelt es sich um gereinigtes Wachs, welches so lange gereinigt wurde, bis Lebensmittelqualität erreicht wurde. „Cera alba“ wurde aber zusätzlich noch einem Bleichprozess unterzogen, wodurch das Wachs nicht mehr gelb, sondern weiß ist.

Verwendung von Bienenwachs

Neben der Wiederverwendung von Bienenwachs in der Imkerei (Herstellung von Mittelwänden, Weiselnäpfchen bei der Königinnenzucht) und der Herstellung von Bienenwachskerzen wird Bienenwachs auch noch für folgende Bereiche verwendet:

Kauwachs:

Entdeckelungswachs (mit oder ohne Zugabe von zusätzlichem Propolis) kann sehr gut als Kauwachs bei einer beginnenden Erkältung eingesetzt werden.

Wachsauflagen

In Bienenwachs getauchte Leinentücher eignen sich sehr gut als warme Wachsauflagen. Bienenwachs speichert die Temperatur. Warme Wachsauflagen können bei Muskel- oder Gelenksschmerzen (Sportmedizin) verwendet werden.

Salben / Wundcremen / Handcremen / Lippenpflege

Bienenwachs wird oftmals als Basis (Konsistenzgeber) für Salben und Cremen eingesetzt, da es auch eine Emulgator-Wirkung hat. In der Kosmetik und Pflege werden vor allem die antibakterielle Wirkung, die Anti-Aging-Wirkung, die regenerativen Eigenschaften und die hautberuhigenden Eigenschaften von Bienenwachs geschätzt.

Holzschutz / Polituren

Aufgrund der wasserabweisenden Wirkung von Bienenwachs, eignet es sich auch zur Pflege und Politur von Holzmöbelstücken und Holzfußböden.

Lederpflege

Wie auch beim Holzschutz werden die wasserabweisenden Eigenschaften von Bienenwachs auch bei der Lederpflege sehr geschätzt.

Schmiermittel für Holz-Schraubverbindungen

Damit Holz-Schraubverbindungen wird leicht getrennt werden können, müssen die Gewinde der Holzschrauben zuvor kurz in Bienenwachs gedrückt werden. Diese ist beispielsweise im Orgelbau gängige Praxis.

Wachstücher

Baumwolltücher werden mit flüssigem Bienenwachs getränkt und sind eine sehr gute Alternative zu Frischhaltefolien, um Lebensmittel länger frisch und haltbar zu machen, denn aufgrund der Zusammensetzung der Inhaltsstoffe wirkt das Wachstuch antiseptisch.

Update vom 23.11.2024

Am 23.11.2024 fand im Imkerhof Salzburg ein Workshop zum Thema Wachsgewinnung und Wachsverarbeitung statt

Imkeradvent 2024 – Wachsgewinnung und Wachsverarbeitung

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