Autorinnen: Johanna Lindner und Adelheid Speyer
Motivation
Vielen Imkern fällt auf, dass Standbegattung nicht immer von Erfolg gekrönt ist. Tatsache ist, dass Hybrid-Völker und Stecher auch an den Ständen unseres Vereins zunehmen. Die Hintergründe dafür zum Thema zu machen, war ein Ausgangspunkt für unsere Zuchtgruppe.
Wie alles begann
2018 haben einige Mitglieder unseres Vereins begonnen, sich ausführlicher mit dem Thema ‚Zucht‘ zu beschäftigen.
Im November 2018 hielt Dr. Robert Hertscheg, langjährig erfahrener Züchter und Gesundheitswart unseres Vereins, einen Einführungsvortrag: „Warum Zucht?“ Darin ging es um Rassen, Merkmale, Ökotypen, also um theoretische Grundlagen und morphologische „Körübungen“ zur Bestimmung der Kubitalindizes. Robert hat uns in unserem ersten Jahr ausführlich und fachkundig begleitet und uns durch seine Einblicke in die hohe Kunst der Königinnenzucht begeistert.
Im Dezember 2018 haben wir uns mit dem Thema: „Wie bilde ich ein Pflegevolk?“ beschäftigt. Außerdem wurden Weiselnäpfchen aus bestem Entdeckelungswachs gegossen.
Im Jänner/Februar 2019 haben wir Körproben gesammelt, um unsere eigenen Königinnen zu kören. Es folgte die Auswertung und die Interpretation der Körung. Das Volk mit der nach Prüfung am besten entsprechenden Königin wurde als Zuchtvolk ausgewählt.
Im März wurde der Zuchtkalender unter Berücksichtigung der Mondphasen erstellt, im April wurde die Organisation der Zuchtutensilien angegangen und Ende April wurden drei Pflegevölker ausgewählt. Pflegevölker sollen am besten ‚Fleischvölker‘ sein, Völker mit ausgeprägter Schwarmneigung sind durchaus förderlich. Wir haben folgendes Verfahren – es gibt mehrere Möglichkeiten – gewählt: mindestens 6 Brutwaben mit möglichst viel offener Arbeiterinnen-Brut, da diese später bei der Königinnenentwicklung das Halten der Brutwärme im Pflegevolk sichert, wurden 11 Tage über ein Absperrgitter gesetzt. Am 12. Tag wurde das Absperrgitter entfernt, an den Ort der Zucht gebracht und mit Oxalsäure bedampft, um die brutfreie Zeit für eine Varroabehandlung zu nutzen. Außerdem wurden die Pflegevölker von außen mit Absperrgitter versehen, damit nicht irrtümlich eine fremde Königin einmarschieren kann, welche die gesamte Königinnenzucht vernichten könnte.
Am nächsten Tag wurde dann umgelarvt. Begonnen haben wir mit Übungen zum Umlarven und wir mussten lernen, das richtige Alter der Zuchtlarven zu erkennen. Die Larven dürfen nicht älter als 4 Tage alt sein!. Das ideale Alter der „Würmchen“ ab Eiablage ist 3 Tage als Ei und 1 Tag als Made. Wichtig ist auch, dass diese Winzlinge in Königinnenfuttersaft geradezu ‚schwimmen‘, sobald sie von den Ammenbienen richtig gepflegt werden. Daran erkennt man übrigens, ob das Pflegevolk richtig ausgewählt wurde.
Nach einem Tag wurden die Näpfchen hinsichtlich der Annahme und Versorgung mit Gelee Royal kontrolliert sowie nachgelarvt, wenn die Näpfchen nicht gut gepflegt oder ausgeräumt waren (häufigste Ursache: Verletzung beim Umlarven, weitere Gründe: verschmutzte Weiselbecher, zu dünne Wand bzw. zu dünner Boden beim Näpfchen etc.). Diese nachbelarvten Maden müssen einen Tag später schlüpfen, da sie ansonsten zum Zeitpunkt des Umlarvens bereits zu alt waren. Hier wird die Bedeutung der Alterskontrolle am 8. Tag und am 16. Tag ersichtlich. Maden, welche zum Zeitpunkt des Umlarvens bereits zu alt waren oder am 5. Tage nicht hervorragend gepflegt sind, werden keine hochwertigen Königinnen. Ihre Reproduktionsfähigkeit ist wegen Retardierung der Eischläuche vermindert. Eine wirklich gute Königin muss aber in der Lage sein, ca. 2.000 Eier pro Tag zu produzieren. Nur dann können innerhalb von ca. 21 Tagen Entwicklungszeit 42.000 Zellen bestiftet werden und in der Folge starke Völker mit ca. 60.000 Bienen (und mehr) aufgebaut werden.
Nach 8 Tagen, sobald die Weiselzellen verdeckelt sind, werden die Weiselzellen gekäfigt. Wir haben Nicot-Käfige mit zusätzlichen „Schlitzen“ verwendet und diese bereits am 8. Tag bei der 1. Alterskontrolle der Maden aufgesteckt. Das erspart ein späteres Öffnen des Pflegevolkes und verhindert das Verbauen der Weiselzellen! Die Schlitze (4 mm) müssen gleich breit wie bei einem Absperrgitter sein!. Der Trick mit den Schlitzen (4 mm, also gleich breit wie bei einem Absperrgitter) im Käfig gestattet es den Pflegebienen, die heranreifenden Königinnen in ihren Zellen optimal wärmen zu können, auch bei einem plötzlichen Kälteeinbruch, was Anfang Mai durchaus der Fall sein kann.
Am Schlupftag wurden die Prinzessinnen mit je einem Schöpfer gesiebter Pflegebienen (damit keine eigenen Drohnen mitgenommen werden!) in Apidea-Kästchen gegeben und zu den Vatervölkern auf eine Belegstelle gebracht. Dort sollten die Prinzessinnen in den nächsten Tagen ihre Begattungsflüge machen.
Bevor unsere Königinnen von der Belegstelle abgeholt wurden, haben wir sie noch mit der betreffenden Jahresfarbe markiert. Dies war das erste Jahr unserer kleinen Zuchtgruppe.
Ausblick auf 2023
Seit unseren Erfahrungen im ersten Jahr haben wir jedes Jahr unser Wissen vertieft und unser Können verfeinert. Jedes Jahr hatte seine speziellen Herausforderungen, jedes Jahr haben wir Neues dazugelernt und wir freuen uns bereits wieder auf das kommende Zuchtjahr mit dem Ziel, das genetische Erbgut der Carnica zu erhalten und mit sorgfältig aufgezogenen hochwertigen Carnica-Königinnen zu imkern!
Die Termine für das Zuchtjahr 2023 werden wir zeitnah über den Veranstaltungskalender bekanntgeben. Wir haben vor, Kontakte zu anderen Zuchtgruppen zu knüpfen und wünschenswert wäre es auch, das Wissen durch Fachvorträge zu ergänzen.
Wir würden uns sehr freuen, wenn unsere Zuchtgruppe weiterwachsen würde und sich noch weitere Vereinsmitglieder mit der Zucht beschäftigen würden! Wer mitmachen möchte, ist herzlich eingeladen! Es lohnt sich!
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