Karl von Frisch
* 20. November 1886 in Wien; † 12. Juni 1982 in München
Autor: Bernd Meierhofer
Karl von Frisch gilt gemeinhin als der Entschlüssler der Bienenkommunikation. Doch was steckt hinter der Bienenkommunikation im Detail und warum könnte dieses Wissen für uns Menschen wichtig sein? Wir wollten es wissen und haben uns daher mit dem Leben und Wirken von Karl von Frisch näher beschäftigt.
Das Leben von Karl von Frisch
Karl von Frisch wurde am 20. November 1886 in Wien geboren. Er studierte Zoologie in München und Wien. Er promovierte 1910 in Wien, wechselte dann aber wieder an das Zoologische Institut der Universität München, wo er 1925 auch eine Professur erhielt. Da das Zoologische Institut im Zweiten Weltkrieg zerstört wurde, ging er 1946 an die Karl-Franzens-Universität Graz. Er wechselte aber 1950 wieder an die Münchner Universität zurück. 1958 ging er in den Ruhestand, setzte aber seine wissenschaftliche Forschung weiter fort. 1973 erhielt er gemeinsam mit dem Österreicher Konrad Lorenz und dem Holländer Nikolaas Tinbergen den Nobelpreis für Physiologie oder Medizin für ihre Arbeit „Entdeckungen zur Organisation und Auflösung von individuellen und sozialen Verhaltensmustern“.
Karl von Frisch starb am 12. Juni 1982 in München. Sein Grab befindet sich auf dem Friedhof am Perlacher Forst in München. Seine Forschung wurde von seinen Schülern, insbesondere von Martin Lindauer, Karl Daumer und Maximilian Renner fortgesetzt.
Die Familie Frisch verbrachte viele Sommer in der Gemeinde St. Gilgen am Wolfgangsee zur Sommerfrische. Seine Schwiegereltern kauften im Brunnwinkl bei St. Gilgen ein Haus, wo Karl von Frisch bereits 1912 Versuche mit Bienen durchführte. Noch heute erinnert eine Gedenktafel im Brunnwinkel an die Leistungen von Karl von Frisch.
Die Ergebnisse seiner Forschung
Die Forschung von Karl von Frisch beschäftigte sich mit der Sinneswahrnehmung (Sinnesphysiologie) von Bienen und Fischen. Er konnte nachweisen, dass
- Fische und Bienen einen Farbensinn besitzen
- Fische ein Hörvermögen haben
- Bienen polarisiertes Licht wahrnehmen und für ihre Orientierung nutzen
- Bienen über eine Tanzsprache miteinander kommunizieren
- die Bienen Blumen am Geruch unterscheiden können
Der Bienentanz wurde von Karl von Frisch 1923 entschlüsselt. 1946 wurde der Tanz in seinem vollen Informationsgehalt erkannt.
Der Bienentanz
Ein Bienenvolk besteht aus 15-30% Sammelbienen. 5-20% davon sind Pfadfinder-Bienen, welche sich auf die Suche nach neuen Trachtquellen bzw. auf die Suche nach neuen Behausungen machen. Falls eine gute Trachtquelle gefunden wurde, wird diese oftmals mit einem lauten Brummgeräusch umflogen und dabei auch ein Duftstoff aus der Nasanov Drüse verteilt. Je öfter eine Biene zur Blume fliegt, umso schneller fliegt sie. Eine Biene braucht ca. 10 Flüge bis sie den schnellsten Weg gefunden hat. Danach beginnt die Biene im Volk zu tanzen um auch andere Bienen im Stock über die von ihr gefundene Trachtquelle zu informieren. Das Tanzen findet meist in der Nähe des Flugloches auf einem ausgewählten Tanzplatz statt. Dort sind meist leere Wabenzellen, da dadurch die Vibrationswellen besser weitergeleitet werden können. Eine Tanzfläche hat meist eine Größe von 2-4 cm. Mit ihren schlagenden Hinterleibern berühren die tanzenden Bienen die starren Fühler der Nachtänzerinnen, welche dadurch auch einen Teil der getanzten Informationen übernehmen. Die umstehenden Bienen werden vom Tanz angesteckt und wiederholen dann den Tanz. Über den mitgebrachten Nektar und den Duft der Blüten, der noch im Haarkleid der tanzenden Biene haftet, gibt die tanzende Biene zusätzliche Informationen über die Trachtquelle preis.
Interessante Details:
- Die asiatische Zwerghonigbiene (Apis florea) baut sich eine eigene Tanzfläche, welche waagrecht zu den übrigen, senkrechten Waben angebaut wird.
- Verschiedene Bienenrassen haben verschiedene Dialekte in ihrer Tanzsprache.
Abhängig von der Entfernung der Trachtquelle gibt es zwei Formen des Bienentanzes. Den Rundtanz und den Schwänzeltanz
Rundtanz
Der Rundtanz ist eine Abfolge von raschen, trippelnden Schritten im Kreis (inkl. Richtungswechsel). Beim Rundtanz liegt eine Futterquelle 80 bis 100 Meter vom Stock entfernt. Der Rundtanz gibt wenige Informationen über die genaue Flugstrecke preis.
Schwänzeltanz
Der Schwänzeltanz wird getanzt, falls die Futterquelle mehr als 100 Meter vom Stock entfernt ist. Im Gegensatz zum Rundtanz enthält der Schwänzeltanz auch nähere Informationen zur Flugroute und zur Flugstrecke. Die Anzahl der Schwänzelläufe signalisiert die Entfernung der Trachtquelle zum Stock (100 Meter-Entfernung: 10 Schwänzelläufe in 15 Sekunden, 1000 Meter-Entfernung: 3 Schwänzelläufe in 15 Sekunden). Je lebhafter die Biene tanzt, desto ergiebiger ist die Trachtquelle von der die Biene berichtet.
Die Bienen geben bei ihrem Schwänzeltanz auch die Richtung zur Trachtquelle bekannt. Sie nehmen dabei die Sonne als Bezugspunkt.
Martin Lindauer, ein Schüler von Karl von Frisch, konnte 1957 herausfinden, dass der Bienentanz auch Schwarmbienen zur gegenseitigen Verständigung bei ihrer Wohnungssuche dient.
Was ist für uns Imker wichtig?
Bienen haben eine vergleichbare Farbwahrnehmung wie wir Menschen. Sie ist aber zum Ultravioletten hin verschoben. Somit sehen Bienen die Farbe Rot als Schwarz. Womit auch verständlich ist, dass bei uns keine Blumen mit roten Blüten existieren. Sie würden damit keine Bienen zur Bestäubung anlocken.
Bienen nehmen aber auch UV-reflektierende Farbpigmente der Blüten wahr, wodurch manche Blüten für die Bienen gemustert erscheinen. Es ist somit durchaus sinnvoll, den Bienen auf den Bienenstöcken Orientierungshilfen zu geben, welche sich durch unterschiedliche Farben und Formen unterscheiden. Der Verflug der Bienen zwischen den Bienenstöcken kann dadurch reduziert werden.
Bienen haben Facettenaugen. Das von den Bienen wahrgenommen Bild der Umgebung kann man sich gut als verpixeltes Computer- oder Fernsehbild vorstellen. Sie können aber sehr gut rasche Bewegungen wahrnehmen. D.h. die Biene sieht im Flug gut. Sie kann auch hektisch agierende Imker besser erkennen als ruhig arbeitende Imker. Ein hektischer Imker erleichtert es also den Bienen ihn zu stechen.
Bienen haben einen inneren Kompass, welcher auf dem Sonnenstand, Polarisationsmustern von polarisiertem Licht und dem Erdmagnetismus basiert. Damit können sie die Richtung zu einem Ziel klar bestimmen. Gerade mit der Wahrnehmung von Polarisationsmustern, der Wahrnehmung des Erdmagnetismus und dem hervorragenden Geruchssinn ergeben sich für die Bienen eine vollkommen neue Sinneswelt, die wir als Menschen nur versuchen können zu erahnen.
Und wäre dies nicht schon genug, haben die Bienen es mit ihren Tänzen auch noch geschafft, im dunklen Stock eine Kommunikationsform zu finden, die einfach nur als genial bezeichnet werden kann. Einem Imker-Neuling wird vermutlich erstmals nur die schwänzelnde Biene auf einer Wabe auffallen. Ein Imker-Profi hingegen wird die schwänzelnden Bewegungen der Biene zu deuten wissen. In diesem Augenblick hat die Biene dann nicht nur zu ihren Kolleginnen im Stock gesprochen, sondern auch zum Imker.
Wenn wir davon ausgehen, dass auch alle anderen Tiere ihre eigene Sinneswelt und ihre eigene Kommunikation haben und mittlerweile sogar nachgewiesen werden konnte, dass auch Bäume und Pflanzen miteinander kommunizieren, ergibt sich ein komplett neues Verständnis für unsere Natur. Danke Karl von Frisch!
Wer neugierig auf Karl von Frisch wurde, sollte sich unbedingt diesen WDR Hörfunkbeitrag anhören:
https://www1.wdr.de/radio/wdr5/sendungen/zeitzeichen/zeitzeichen-karl-von-frisch-102.html
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