Landesimkertag 2023 – Sankt Veit im Pongau

Autor: Bernd Meierhofer

Der Landesimkertag fand am 19.03.2023 beim Metzgerwirt in St. Veit im Pongau statt. Neben einigen Politikern und den Funktionären des Landesverbands sind auch einige Imker aus den Ortsgruppen der Einladung zum Landesimkertag gefolgt.

Landesverband und Imker-Genossenschaft

Zunächst berichteten Willi Kastenauer und Thomas Renner über die aktuelle Situation beim Landesverband und bei der Imkergenossenschaft.

Thomas Renner wies darauf hin, dass die Imkergenossenschaft über den Internet-Online-Handel einem starken Konkurrenzdruck ausgesetzt ist. Die Imkergenossenschaft ist aber weiterhin bemüht, die Salzburger Bienenprodukte als Qualitätsprodukte zu vermarkten bzw. auf regionale Lieferanten zu setzen (z.B. Tischlerei aus dem Flachgau (Michaelbeuern)). Ein wenig Kritik gab es hier aber auch für die Salzburger Imkerinnen und Imkern. Bei den Futtermittelbestellungen gab es von 85 Ortsgruppen nur von 22 Ortsgruppen Rückmeldungen. In Folge kam es dann bei Kälteeinbrüchen und Trachtlücken zu akuten Futtermittelengpässen. Die Imkerinnen und Imker müssen sich schon ihrer Verantwortung als Tierhalter bewusst sein und hier für entsprechende Futterreserven sorgen.

Willi Kastenauer berichtete kurz über die alten Aufzeichnungen im Archiv des Landesverbands und der Imkergenosschenschaft. Leider sind hier aber ein paar Jahre bei den Protokollen verschwunden. Falls Imker diese entliehen haben, mögen sie diese bitte unverzüglich dem Landesverband zurückgeben.

Danach legte der Kassier Felix Nußbaumer seinen Kassabericht 2022 vor. Er berichtete über die Erträge und Aufwendungen des Landesverbands bzw. über die aktuelle Vermögensituation (Gegenüberstellung Aktiva-Passiva).

Es folgten dann die Berichte der Fachreferenten für Gesundheit (Reinhard Mayrhofer), Honig (Chris Steube), Zucht (Christian Winkler), ökologische Bienenhaltung (Andreas Brandl), Jugend (Leonhard Gruber), Lehrwesen (Richard Kaiser) und Trachtwesen (Hofrat Dipl.-Ing. Horst Nöbl). Laut Hrn. Nöbl sollte 2023 wieder ein gutes Waldtrachtjahr werden.

Imkerhof-Labor

Chris Steube berichtet kurz über die Arbeitsergebnisse des Imkerhof-Labors im Jahr 2022. So gab es neben vielen Honiguntersuchungen (ca. 225 Untersuchungen) auch Propolis-, Alkohol- und Faulbrutuntersuchungen (ca. 180 Untersuchungen). Faulbrutuntersuchungen können zukünftig auch per Gemülldiagnose durchgeführt werden.

Von Chris Steube wurden auch gleich die hierfür zu verwendenden Kartonröhrchen (Gemüll von bis zu 5 Völkern eines Standorts in einem Röhrchen sammeln) verteilt.

Nur sehr wenige der beim Imkerhof untersuchten Honige fallen in die Kategorie Blütenhonig. Der Großteil der Honige sind Waldhonige oder Blüten-Waldhonig-Mischungen. Chris regt an, dass bei der Kennzeichnung der Honige auch das Sammelgebiet (Wiesen- und Almhonig, Waldhonig, Stadthonig), ein zeitlicher Aspekt (Frühtracht, Sommertracht bzw. Frühling, Sommer) oder ein zusätzlicher Qualitätsaspekt (Wassergehalt max. 18,0%, aus Österreich) angegeben werden könnte.

Statutenänderung

Felix Nußbaumer erklärte dann die geplante Änderung in den Statuten. Außerordentlichen Mitglieder sollen zukünftig keine Genossenschaftsanteile mehr erwerben müssen. Die geplante Statutenänderung wurde angenommen.

Mitgliedsbeitrag

Danach berichtete Felix Nußbaumer über den Mitgliedsbeitrag und dessen Zusammensetzung aus diversen anderen Gebühren und Abgaben (Landesverband, ÖIB, Versicherung, Bienen Aktuell). Betrachtet man die Veränderung der Gebühren über die letzten Jahre, ist festzustellen, dass der Anteil des Landesverbands immer weniger wurde, während gleichzeitig die übrigen Gebühren (ÖIB, Versicherung, Bienen Aktuell) gestiegen sind. Somit liegt der Anteil des Landesverbands derzeit nur noch bei 90 Cent. Es wird beschlossen, dass der Anteil des Landesverbands ab nächstem Jahr mit 12 € deutlich angehoben wird.  Somit sind dann 50,00 € anstatt der 38,00 € für bis zu 20 Bienenvölker zu bezahlen (bzw. 53,00 € für 21-50 Völker, 68,00 € für 51-100 Völker …).

Arbeitsgemeinschaft „BienenVielfalt“

Beim Punkt „Allfälliges“ ergriff dann auch noch Daniel Pfeifenberger das Wort, um auf die Arbeitsgemeinschaft „BienenVielfalt“ hinzuweisen. Die Arbeitsgemeinschaft „BienenVielfalt“ ist eine Initiative der „Biene Österreich“ um auch den Wildbienen eine Plattform zu bieten bzw. die Thematik „Konkurrenz zw. Wild- und Honigbienen“ von Wildbienen-Experten und Imkern gemeinsam zu durchleuchten. In diesem Zusammenhang wies Hr. Pfeifenberger auch auf die ersten Arbeitsergebnisse (Bienendatenbank, Pflanzendatenbank, Wimmelbild und Ideenboard) der Arbeitsgemeinschaft hin. Die für Kinder und Schulen erstellten Poster wurden in der Pause von Hrn. Pfeifenberger verteilt.

Festvortrag „Imkerei – Herausforderungen für die Zukunft“

Nach einer kurzen Pause ging es dann mit dem Festvortrag „Imkerei – Herausforderungen für die Zukunft“ von Hrn. Dr. Ralph Büchler weiter. Hr. Büchler war viele Jahre der Leiter des Bieneninstituts in Kirchhain. Er verabschiedete sich aber im Sommer letzten Jahres in den wohlverdienten Ruhestand. Was aber nicht bedeutet, dass er seinen Bienenprojekten bereits vollständig den Rücken gekehrt hat.

Seinen Vortrag begann Hr. Büchler mit einem kurzen evolutionären Exkurs über unsere Honigbienen, welche immer noch als wildlebende Nutztiere bezeichnet werden können. In der freien Natur sind unsere Honigbienen immer noch stark durch das Klima, das Trachtangebot und diverse Feinde, Krankheiten und Parasiten beeinflusst. Die Bienen besitzen aber ein sehr hohes Anpassungsvermögen. Kolonien mit 10-40.000 Individuen, große Nahrungsvorräte und eine aktive Nestklimatisierung (konstant 34,5 Grad Celsius im Brutnestbereich) gehören zur Überlebensstrategie dieses Höhlenbrüters.
Dennoch sind auch unsere Bienen extrem vom Klimawandel betroffen. Ein Diagramm des deutschen Wetterdienstes zeigt deutlich, dass die Lufttemperaturen in Deutschland über die letzten Jahrzehnte gestiegen sind. Seit 2011 ist dieser Anstieg sogar signifikant. Auch die Niederschlagsmengen haben sich drastisch verändert und bleiben meist unter dem erwarteten Mittelwert.  Somit kommt es zu einer Absenkung der Grundwasserspiegel. Seen und Feuchtgebiete trocknen aus. So ist beispielsweise von einem Altrheinarm in Südhessen im September 2018 nur noch eine Pfütze übriggeblieben.

Diese Klimaveränderungen führen dazu, dass sich unsere Jahreszeiten verschieben. Am deutlichsten wird diese Veränderung, wenn wir die phänologische Uhr Deutschlands – sie zeigt an, um wie viel früher oder später als im langjährigen Mittel die Jahreszeiten beginnen – für die Jahre 1981-2010 beispielsweise mit dem Jahr 2019 verglichen. Dabei wird ersichtlich, dass 2019 der Winter um 19 Tage kürzer, der Frühling um 6 Tage länger, der Sommer um 3 Tage kürzer und der Herbst um 16 Tage länger war als üblich. Wie man sich leicht vorstellen kann, haben diese Verschiebungen starke Auswirkungen auf die Vegetation und somit auch auf unsere Bienen.

Steigende Temperaturen ermöglichen den Bienen mehr Ausflüge. Hier gibt es bereits Berechnungen, dass wir bei einem Erreichen der Klimaziele bis 2050 (RCP2.6) und einer weiteren Erwärmung um 1,3 Grad Celsius mit einer Steigerung der Flugaktivitäten von 10% rechnen können. Würden wir aber wie bisher weitermachen (RCP8.5) – unser zögerliches Handeln lässt dieses Schreckensszenario leider immer realistischer werden! – ist aber bereits mit einer Steigerung der Flugaktivitäten um 25% zu rechnen. Hierbei ist auch zu bedenken, dass diese gesteigerte Flugaktivität vor allem im Spätsommer und Herbst stattfinden wird, dass für die Obstblüte aufgrund der Vor-Verschiebung weniger Tageslicht zur Verfügung stehen wird und dass mit dem Klimawandel auch die Gefahr von Spätfrosten und Extremwetterereignissen steigen wird. Besorgniserregend sind auch die erwarteten Verschiebungen der Trachtzeitfenster.

Als Waldtrachtgebiet sind für uns Salzburger Imker natürlich auch die Auswirkungen des Klimawandels auf die Honigtauerzeuger (Lecanien und Lachniden) von großem Interesse. Das Temperaturoptimum für die Honigtauerzeuger wäre bei 20-22 Grad Celsius. Darüber oder darunter wird weniger Honigtau erzeugt bzw. die Vermehrung und Überlebensfähigkeit der Honigtauerzeuger reduziert. Honigtauerzeuger benötigen eine hohe relative Luftfeuchtigkeit. Gelegentlicher Niederschlag ist daher notwendig.
Wäre dies nicht bereits schon genug, betreten – durch den Klimawandel gefördert – nun auch noch neue Schädlinge (Vespa velutina, kleiner Beutenkäfer, Tropilaelaps-Milbe) die Bühne. Auch die Dynamik von Krankheitsverläufen wird sich verändern. Summa summarum also keine erfreulichen Nachrichten für unsere Bienen und uns Imker!

Nach all diesen negativen Nachrichten war es nun Zeit für gute Nachrichten und Lösungsstrategien.

Eine gute Nachricht kommt aus Finnland. Finnland erreicht derzeit große Honigerträge mit ca. 70kg Honig pro Volk.

Herr Büchler zeigte mögliche Lösungsansätze für zukünftige Varroabehandlungen. Würde die Varrao-Entwicklung in einem Bienenvolk nicht gestoppt werden, würde sich die Milbenanzahl in den Monaten März bis September jeden Monat verdoppeln. Es kommt somit zu einem exponentiellen Anstieg der Milbenpopulation. Meist ist dann im Juli bereits eine kritische Schadschwelle erreicht, wodurch im August und September nur noch geschädigte Bienen für die Aufzucht der Winterbienen zur Verfügung stehen würden. Derzeit steuern die Imker durch Behandlungen nach der Honigernte gegen und drücken damit die Milbenlast wieder auf ein verträgliches Maß. Im November/Dezember wird dann mit der Restentmilbung versucht, die letzten Milben zu töten.

„Wir fahren mit dieser Varroabehandlung gegen die Wand“ war dann die Aussage von Hrn. Büchler. Er blieb die Erklärung für diese Aussage dann auch nicht lange schuldig. Es gibt einen Zusammenhang zwischen Trachtbeginn und Winterverlusten. Je früher die Tracht beginnt, umso höher sind die Winterverluste.

Tage bei denen eine optimale Varroabehandlung durchgeführt werden kann, werden leider immer weniger. Hohe Temperaturen schränken die Eignung etablierter Varroa-Behandlungsmethoden ein. Gab es im Sommer 2000 noch ca. 46 Tage, an denen eine Sommerbehandlung mit Ameisensäure (60%) möglich war, waren es im Sommer 2018 nur noch 28 Tage.

Aufzeichnungen über die Winterbrutaktivität der Bienenvölker am Bieneninstitut Kirchhain zeigen, dass in den letzten Jahren immer einige Völker auch im Winter brüten und es gar nicht mehr zu einer Brutunterbrechung und einem natürlichen Stopp der Varroavermehrung kommt.

Der Klimawandel führt unsere bisherigen Behandlungsmethoden ad absurdum.

Als Lösung aus diesem Dilemma schlägt Hr. Büchler vor, dass wir – wie so oft – von der Natur lernen sollten. Als wesentliche Maßnahme zur Gesundung setzen die Bienen ihr Schwarmverhalten ein. Ein Schwarm lässt seine alte Behausung (inkl. altem belasteten Wabenmaterial) zurück und legt eine Brutpause ein.  Auch wir Imker sollten unsere Königinnen 4 Wochen ins Ferienhaus schicken.  Hr. Büchler schlägt daher vor, dass wir mittels Bannwabenverfahren, kompletter Brutentnahme (mit Fangwabe) oder Käfigen der Königin eine Brutpause herstellen sollten. Details zu diesen Verfahren sind in den Flyern des Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen (LLH) nachzulesen.

„Gönnt euren Königinnen eine Pause. Imker glauben, dass nur ständig starke Völker gesunde Völker sind. Sie sind es aber nicht. Sie sind gesundheitliche Grenzgänger“

Mit diesen Brutunterbrechungen sind 95% der Varroamilben weg. Diese Maßnahmen sind auch aus Sicht der Virenbelastung sehr günstig. Hr. Büchler würde diese Maßnahmen auch ohne akuter Varroabelastung setzen.

Es gibt auch ein Versuchsprojekt vom Bieneninstitut Kirchhain (Dr. Annely Brandt), bei dem die Königinnen auch über den Winter gekäfigt werden.  Erste Resultate des Projekts sehen sehr vielversprechend aus (ca. 30% weniger Varroamilben).

Hr. Büchler regt an, dass die Imker zukünftig bei ihren Beuten und deren Aufstellung mehr auf das Klima achten müssen. Neben ausreichender Beschattung müssen die Imker auch für nahe Wasserquellen sorgen. Mit ausreichend Wasser können die Bienen die Stocktemperatur gut regulieren. Es gibt hier bereits spezielle Bienentränken, welche den Bienen den gesicherten Zugang zum Wasser ermöglichen.

Wie sieht es eigentlich mit standortangepassten Bienen aus? Dazu berichtete Hr. Büchler vom Coloss Versuch, welcher in den Jahren 2009-2012 die Wechselwirkung von Genotyp und Standort näher untersuchte. Es wurden hier 621 Völker aus 16 Herkünften auf 16 Test-Stationen verteilt und keine Medikamente eingesetzt. Das Ergebnis dieses Versuchs zeigte klar, dass lokal angepasste Bienen eine höhere Überlebensdauer hatten. Hr. Büchler warnte vor Importen von fremden Bienen und unterstrich die klare Überlegenheit der heimischen Bienenrassen. Regionale Herkunft ist bei den Bienen extrem wichtig.

Zum Schluss seines Vortrags richtete Hr. Büchler einen Appell an die Imker. Die Imkerei muss sich in vielfältiger Weise an die neuen Herausforderungen anpassen. Dazu zählen:

  • Beuten, Standorte (höher, schattiger)
  • Betriebsweise (Zwangsbrutpausen, Tränken, Fütterung …)
  • Stärkere Kontrolle von Parasiten, Krankheiten und Feinden
  • Selektion auf Resilienz

Gerade beim letzten Punkt musste Hr. Büchler die Imker kritisieren. Mit unserem Aufpäppeln von schwachen Völkern stellen wir das Überleben von nicht angepassten Bienen künstlich sicher. Unsere Züchter leisten zwar hervorragende Zuchtarbeit, die Mehrheit der Imker arbeitet aber mit ihrer falschen verstandenen imkerlichen Fürsorge oftmals dagegen.

Fazit

Der Landesimkertag war mit dem Fachvortrag von Hrn. Dr. Büchler eine sehr gelungene Veranstaltung. Ein herzliches Dankeschön an Hrn. Dr. Büchler für seinen hervorragenden Vortrag und an den Landesverband für die Organisation der Veranstaltung und die Arbeit im letzten Jahr. Es wird in Zukunft sicher nicht einfacher für uns. Wenn wir den Klimawandel aber nun endlich nicht mehr leugnen und als gemeinsames Problem einstufen, werden wir mit ein wenig Mut und Bereitschaft zur Veränderung auch diese Probleme meistern.

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