Verschiedene Wege in der Imkerei

Autorin: Adelheid Speyer

Tradierte und neue Zielsetzungen

Wer mit Bienenhaltung beginnt, stellt sich zunächst die Frage, wie er/sie optimal mit diesen so erstaunlichen und immer wieder zu Begeisterung führenden Wesen umgehen soll. Bereits erworbenes Wissen und persönliche Erfahrungen beeinflussen die Anfänger/innen und bestimmen deren Zugang zur Bienenhaltung. Manche von ihnen legen ihre Zielsetzung auf Honigertrag, die anderen auf glückliche Momente mit großartigen Lebewesen, andere möchten, nachdem in den Medien so viel vom „Bienensterben“ die Rede war und ist, einen Beitrag in Hinblick auf eine gesündere Umwelt und gesündere Bienen leisten.

Viele suchen einen Ausweg aus der herkömmlichen Imkerei, die in erster Linie den wirtschaftlichen Nutzen anzielt. Immer häufiger stellen Anfänger/innen die Freude an den Bienen und ökologische Gesichtspunkte vor den maximalen Honig- oder Wachsertrag. Viele möchten entsprechend den Bedürfnissen der Bienen, des ‚Biens‘, imkern und suchen Wege, dies zu verwirklichen.

Forschung und Aufklärung über ökologische Zusammenhänge haben uns die Gefahren der Ausbeutung unserer Erde und ihrer Geschöpfe immer deutlicher zu Bewusstsein gebracht. Der Schwund der Arten ist eine Bedrohung für die gesamte Ökologie. Viele Menschen sind beunruhigt. Der Ruf, Vögel, Insekten, Wildbienen und Bienen und überhaupt den Reichtum der Tierarten besser zu schützen, ist nicht mehr zu überhören. Deshalb beziehen inzwischen viele Imker-Vereine auch die Wildbienen in ihre Überlegungen und in ihre Projekte ein.

Welche Behausung erfüllt die Wünsche der Bienen am besten? Aus welchem Material soll die Bienenwohnung gebaut sein, was kommt dem ursprünglichen Ort am nächsten, wo Bienen von jeher gelebt haben? Eine Fülle von Fachliteratur und Literatur, die auf ökologische Zusammenhänge verweist, vermag manche Antworten zu geben, aber auch zu verwirren.

Leider ist inzwischen auch dieser Bereich vermehrt von wirtschaftlichen Interessen gesteuert. Eine Fülle von Beutesystemen werden beworben und vielversprechende Perspektiven eröffnet. Bestimmte Beutensysteme, so wird behauptet, würden sogar die Behandlung gegen die Varroa erübrigen. Manche Beuten sind angeblich so leicht zu handhaben, dass die Bienen nahezu sich selbst überlassen werden könnten. Der/die Anfänger/in ohne Grundwissen ist allzu leicht geneigt, diesen Versprechungen zu glauben. Hier muss ganz entschieden auf die Gefahr von Irreführungen hingewiesen werden. Frust und Enttäuschung sind vorprogrammiert, wenn man diesen Versprechungen in anfänglicher Begeisterung allzu sehr Glauben schenkt; denn sich selbst überlassene Bienenvölker überleben meist schon den ersten Winter nicht mehr. Mit der Form der Bienenwohnung sind die Probleme der Bienen nicht aus der Welt geschafft! Eine intakte pestizidfreie Umwelt mit blühenden Wiesen und Sträuchern ist vielleicht sogar wichtiger!

Bernhard Heuvel (Vizepräsident des Deutschen Erwerbs- und Berufsimkerbundes (DBIB)), der viele Jahre mit der Warré-Beute im Stabilbau, also mit Naturwabenbau, geimkert hat, meint in einer Monatsbetrachtung März 2019 für die Zeitschrift bienen & natur:

…, dass die Landschaft, in der die Bienen leben, einen viel größeren Einfluss auf die Bienengesundheit hat, als der Imker mit seiner Betriebsweise es jemals haben kann. Die Bienen leben eben nicht nur im Bienenkasten, sondern sie leben in einer Landschaft. Und wenn diese Landschaft die Bienen nicht mehr ernähren kann und wenn Pestizide aller Art hinzukommen, dann können wir mit Schwärmenlassen, Überwintern auf Honig und anderen Maßnahmen eventuell die Not lindern, aber das grundlegende Problem ist damit nicht aus der Welt. Und wer aufmerksam ist, der wird bemerken, dass nicht die Bienen ein Imkerproblem haben, sondern der gesamte Naturhaushalt hat ein Problem, wie wir Menschen mit der Landschaft umgehen. Eine zunehmende Versiegelung der Böden durch Neubau, Industriegebiete und Autobahnen, eine Verödung der Gärten mit Steinen und Beton und die Monokultur der heutigen Landwirtschaft – die übrigens von uns als Verbrauchern gefördert wird – tragen dazu bei, dass wir heute das siebtgrößte Artensterben seit Anbeginn der Geschichte erleben. In der Dimension, wie früher die Dinosaurier ausgestorben sind. Vor allem Insekten und insektenfressende Lebewesen sind betroffen. Und damit auch unsere Bienen.

Da Bienenhaltung sehr voraussetzungsreich ist, ist es sinnvoll, sich unabhängig vom gewählten Beuten- und Betriebssystem mit anderen Imkern auszutauschen, Bienenpatenschaften und die Mitgliedschaft in örtlichen Imkervereinen sind daher sehr zu empfehlen und zu fördern.

Wesensgemäße Bienenhaltung

Wer sich mit Literatur über Bienen beschäftigt, wird sehr schnell auf die ‚Wesensgemäße Bienenhaltung‘ stoßen. ‚Wesensgemäße Bienenhaltung‘ ist für viele Imker-Anfänger/innen ein vielversprechender Ausganspunkt und ein erstrebenswertes Ziel. Die Wurzeln der ‚Wesensgemäßen Bienenhaltung finden wir bei Rudolf Steiner (1861-1925) und Ferdinand Gerstung (1860-1925), die vor rund 100 Jahren die Grundlagen für ein neues Verständnis des ‚Biens‘ als EIN Lebewesen gelegt haben. Die Wirkung ihrer Überlegungen begann aber erst in den 1970er und 1980er Jahren, da diese ein nachhaltiges Umdenken in der Ökologie gebracht haben.

Mit der Ausbreitung der in den 1980er Jahren eingeschleppten Varroa-Milbe war man mit einem großen Bienensterben konfrontiert. In dieser Krise stellten einige Imker im Umfeld der neu gegründeten Lehr- und Versuchsimkerei Fischermühle ihre imkerliche Praxis grundlegend in Frage und begannen vor dem Hintergrund der Vorträge Rudolf Steiners über die Welt der Bienen und des Werkes von Ferdinand Gerstung neue Betriebsweisen zu entwickeln. So wurde im Jahr 1985 ‚Mellifera e. V.‘ als ‚Vereinigung für wesensgemäße Bienenhaltung‘ gegründet. Die ‚Bundesfachgruppe Demeter Bienenhaltung‘ entwickelte die biodynamischen Richtlinien für die Art der Haltung, die seit 1995 der Zertifizierung für Produkte aus Demeter Bienenhaltung dienen.

Kernelemente der ‚Wesensgemäßen Bienenhaltung‘ sind die Vermehrung durch den Schwarmtrieb, der Naturwabenbau und die natürliche Begattung der Königin. Königinnenzucht wird abgelehnt, ebenso eine chemisch-synthetische Varroa-Bekämpfung. Das Material der Beute besteht meist aus Holz, es gibt auch Beuten aus Stroh oder Schilf. Wichtig ist der Blick auf die an den Standort angepasste lokale Biene. Auch die Haltung der ursprünglich in Europa heimischen Dunklen Biene, Mellifera mellifera ist vielen wesensgemäßen Imkern ein Anliegen, vor allem in Deutschland.

Naturwabenbau erleichtert die Kommunikation zwischen den Bienen im dunklen Stock. Waben sind der Tanzboden für den Schwänzeltanz. Indem sie Vibrationen mit verschlüsselten Informationen weiterleiten, können Mitteilungen über die Waben von einzelnen Bienen an die übrigen Stockmitglieder in kürzester Zeit im ganzen Stock verbreitet werden. Den Wabenbau haben die Bienen über viele Millionen Jahre hinweg perfektioniert. Bei Naturwaben bauen die Bienen eine Vielfalt unterschiedlicher Zellgrößen. Die Befestigung der Waben erfolgt durch die Bienen so, dass die Waben frei schwingen und Vibrationen besser leiten können und schließlich werden von den Bienen Löcher in den Waben angelegt, die als Durchschlupf und zur Optimierung des Klimas im Bienenstock dienen. Dieses Wabenwerk gilt als ‚Skelett‘ des Bien.

Beispiele für Beuten, die den Ansprüchen an eine ‚Wesensgemäße Bienenhaltung‘ entsprechen wollen, sind:

  • die ‚Bienenkiste‘,
  • die ‚Einraumbeute‘,
  • die ‚Bienenwiege‘
  • der ‚Weissenseiffener Hängekorb‘.

Auch die Warré-Beute wird manchmal für diese Art der Bienenhaltung verwendet.

Artgemäße Bienenhaltung: Unsere Bienen sind ursprünglich Waldbewohner

Die ‚artgemäße Bienenhaltung‘ orientiert sich an den Lebensbedingungen von wilden Honigbienen in Bäumen. Bienen haben ursprünglich ihre Nistplätze bevorzugt in Hohlräumen von Bäumen, manchmal auch in Felsnischen bezogen. Menschen haben schon vor ca. 10 000 Jahren angefangen, Honig von wilden Bienen aus hohlen Bäumen oder aus Felshöhlungen zu sammeln, wie Felszeichnungen beweisen (Mesolithische Höhlenmalerei in den Cuevas de la Araña in Spanien).

Die erste von ‚Honigsammlern‘ entwickelte Art der Bienenhaltung in Europa war seit dem Frühmittelalter die Zeidlerei. Die Zeidler waren somit die ersten ‚Berufsimker‘. Kaiser Karl der Große förderte die Bienenhaltung. Honig war ein Luxusgut, es gab damals noch keinen Zucker. Nur mit Honig ließen sich Süßspeisen, Lebkuchen oder Met herstellen. Vor allem das Wachs war für Kerzen in Klöstern und Kirchen begehrt. Die Zeidler haben gut zugängliche alte Bäume in einer Höhe von ca. 6 Metern mit Hohlräumen versehen, haben ein Flugbrett vor dem Eingang angebracht und darauf gehofft, dass ein Bienenschwarm in diese einziehen werde. Von bezogenen Plätzen in diesen vorbereiteten Bäumen konnte man dann Honig und Wachs ernten. Ab 1660 veränderte sich das Leben der Zeidler. Rohrzucker aus Südamerika löste den Honig als Süßungsmittel ab. Nach der Reformation wurden Klöster aufgelöst und brauchten weniger Wachs; statt Met wurde immer mehr Bier gebraut. Die Zeidlerei verschwand.

Später ging man dazu über, ausgehöhlte Baumstämme bei sich zu Hause aufzustellen und dort Schwärme anzusiedeln; dies waren die Anfänge der Imkerei in sogenannten Klotzbeuten.

Auch in heutigen Wäldern, vor allem in geschlossenen großen Waldgebieten, gibt es immer wieder wild lebende Bienenvölker. Siehe dazu auch den Fachbericht des Deutschen Bienen Journals über „Wild lebende Honigbienenvölker und ihr Verhalten

Allerdings dürfen wir nicht annehmen, dass Schwärme, die dem Imker entkommen, in einem dicht besiedelten Gebiet und einer hohen Varroa-Belastung der Bienenvölker eine Chance haben, zu überleben. Auch wenn wir uns das noch so sehr wünschen: Die Voraussetzungen für wildlebende Bienen sind nur in Ausnahmefällen gegeben. Die Realität zeigt in der Regel einen schnellen Tod der Schwärme, vielfach bereits vor dem Winter.

Beispiele für Beuten, die den Ansprüchen an eine ‚Artgemäße Bienenhaltung‘ entsprechen, sind:

  • Baumhöhlensimulationen: die ursprüngliche Klotz-Beute
  • der Schiffer-Tree
  • der Swiss-Tree (eine Weiterentwicklung des Schiffer-Tree)
  • der Steez-Tower.

Gemeinsamkeiten und Unterschiede einer wesensgemäßen und einer artgemäßen Bienenhaltung im Idealfall (siehe auch Artikel in der Zeitschrift „bienen & natur“ über „Wesensgemäße Bienenhaltung: Das steckt dahinter„):

wesensgemäß artgemäß
Völkervermehrung SchwarmSchwarm
Wabenwerk NaturbauNaturbau
KöniginnenStandbegattung Standbegattung
Größe der Völker großklein
Wabenbau mobilstabil
Ort der Behausungauf dem Bodenhoch im Baum
Fütterung nach Bedarf mit Zucker keine
Varroa-Behandlungviele und regelmäßigkeine
Kontakt zum Menschhäufig und eng sehr gering bis fehlend
Völkerdichte sehr hoch: 10-25 Völker pro km2 sehr gering: 1 Volk pro km2

Der Weg zur heutigen Imkerei in Europa

Bis zum 20. Jahrhundert war die Bienenhaltung in das Gefüge der Landwirtschaft eingebettet. Hier kam auch den Klöstern mit Landwirtschaft, Klostergärten und integrierter Bienenhaltung eine große Bedeutung zu. Fast jeder Bauer hatte einige Bienenstöcke. Damit war die Bestäubung der Obstbäume und der Gemüsepflanzen gesichert und obendrein war auch ein bescheidener Honigertrag sehr willkommen. Innerhalb der Landwirtschaft ging es auch bei der Bienenhaltung um Nutzen und Ertrag.

Neben der Waldimkerei gab es in Europa auch die Korbimkerei. In Heidegebieten hielt man Bienen in Bienenbehausungen aus Stroh oder Ruten, in Stülpern oder Körben mit relativ kleinem Fassungsvermögen. Da Heidetracht eine Spättracht ist, musste man für den Herbst genügend Schwärme, also Jungvölker haben, die sich erst richtig entwickeln, wenn die Heide zu blühen beginnt. Bei der Ernte von Honig und Wachs wurde das Wabenwerk zerstört und damit das ganze Volk. Da aber die Bienen in den Körben bis zu dreimal schwärmten, hatte man genügend Völker, um den Verlust der abgeernteten Völker auszugleichen. Überwintert wurde in der Regel nur ein Drittel der Völker.

Der Weg zur modernen Imkerei begann im 19. Jahrhundert. Man fertigte Kästen aus Stroh oder auch aus Holz und mit der Erfindung der mobilen Rähmchen war ein Meilenstein zur heutigen Magazinbeute gesetzt. Diese Art der Bienenhaltung ist heute am verbreitetsten. Der Ertrag pro Bienenvolk hat sich seither verdreifacht und es wird eifrig daran gearbeitet, den Ertrag weiter zu steigern.

Wenn der heutige Anfänger in der Imkerei die Frage nach der ‚richtigen‘ Bienenwohnung stellt, berührt er in gewisser Weise die Geschichte der Imkerei. Viele Generationen von Imkern haben diese Frage mit immer wieder neuem Interesse und Forschergeist weiter verfolgt und Neuerungen geschaffen, auf denen immer weiter aufgebaut wurde.

Ein umfangreicher Überblick über die Imkerei ist im Wikipedia Beitrag „Geschichte der Imkerei“ zu finden.

Ein gestörtes Gleichgewicht in der heutigen Landwirtschaft

Die ursprüngliche Landwirtschaft mit kleinteiligen Strukturen, die Obst- und Gartenbau, Getreidebau und Tierhaltung mit Einschluss der Bienen umfasste, wurde seit der Notwendigkeit einer zunehmenden Spezialisierung und Technisierung immer schwieriger. Deshalb kam es dazu, dass zuerst die ‚kleinen Bauern‘ mit der Landwirtschaft aufgehört haben, da ihr Grund und Boden sie nicht mehr ernähren konnten. Großbauern übernahmen die Anbauflächen der kleinen Bauern und wurden immer größer und gleichzeitig einseitiger. Parallel zum „Bauernsterben“ vollzog sich Ende des letzten Jahrhunderts auch ein „Imkersterben“. Viele Bienenstände wurden aufgegeben. Die ursprüngliche Vielheit der landwirtschaftlichen Bereiche wich infolge der Spezialisierung, Mechanisierung und Arbeitsteilung Monokulturen. Heute sind die landwirtschaftlichen Betriebe auf bestimmte Bereiche spezialisierte hochtechnische Unternehmen.

Das ‚Wohl der Tiere‘ und ‚wirtschaftlicher Nutzen‘ stehen in der Landwirtschaft von jeher nebeneinander. Der Bauer soll einerseits Natur- und Tierschützer sein, andererseits muss er von seiner Arbeit leben können. Um den zweiten Aspekt zu erfüllen, braucht er heute immer größere Anbauflächen und immer größere Maschinen. Er muss seine Methoden so wählen, dass die Saat geschützt vor Schädlingen und Umwelteinflüssen keimen und gedeihen kann. Monokulturen scheinen zumindest auf Zeit effektiveren Ertrag zu bringen; sie erleichtern die Arbeit mit den Maschinen. Andererseits sind Monokulturen gefährlichen Schädlingen viel mehr ausgesetzt als Mischkulturen, die weit aufwändiger zu bewirtschaften sind. Spritzmittel zur Bekämpfung von Unkraut, Schädlingen und Pilzerkrankungen sind wiederum für Wildtiere, Vögel und Insekten gefährlich. Kunstdünger und die daraus folgende und fortschreitende Verschlechterung der Böden werden kritisch beleuchtet. Auch die Klimaveränderung fordert ihren Tribut: Dürrezeiten und Überschwemmungen treten immer häufiger auf. In der Tierhaltung zielt Zucht darauf ab, immer bessere Leistungen von den Tieren zu erhalten, um auch dadurch den Gewinn zu steigern. Darunter leidet sehr oft das ‚Tierwohl‘. Obendrein ist die Konkurrenz aus Ländern, die billiger produzieren können, höchst herausfordernd.

Gestörtes Gleichgewicht auch in der Bienenhaltung

Imker, vor allem solche, die von ihrem Betrieb leben, haben, um den Bedarf an Honig zu decken und um damit zu wirtschaften, seit jeher versucht, den Ertrag zu sichern und durch Zucht und Betriebsweisen, die allerdings nicht immer dem Bien gemäß sind, zu steigern. Der Nutzen war und ist auch heute das bestimmende Ziel.

Ein gewaltiger Unterschied ist es aber, ob die Imkerei zum Beruf gemacht wird und der Betreiber einer Imkerei davon lebt oder ob Bienenhaltung als Ausgleich zu einem anderen Beruf und aus Freude an den Bienen und am Imkern ausgeübt wird. Berufsimker müssen ganz anders vorgehen als Freizeit-Imker. Sie stehen genauso wie die heutige Landwirtschaft unter dem Gesetz der Ertragssteigerung und Gewinnmaximierung. Fehler sind sofort als wirtschaftlicher Misserfolg zu verbuchen, das Wohl der Biene wird notgedrungen dem wirtschaftlichen Nutzen untergeordnet. Imker haben gelernt, in einem Baukastensystem zu arbeiten. Aspekte industrieller Produktion werden somit auf Lebewesen angewendet. Stände von 40 Völkern an einem Standort sind keine Seltenheit.

Beim Ertrag geht es immer auch um die Leistungsfähigkeit der verwendeten Bienen. Die Zuchterfolge haben zu immer größerem Ertrag pro Volk geführt. Die Biene ist schon lange nicht mehr ein Zufallsergebnis einer natürlichen Vermehrung, sondern sie ist genauso ein Hochleistungstier wie die übrigen in der Landwirtschaft genutzten Tiere.

In Österreich sind über 450.000 Bienenvölker unter der Obhut von über 33.000 Imkern unverzichtbare Bestäuber von Nutz- und Zierpflanzen (2022). Der Durchschnitt der Völker pro Imker liegt bei 13,7, wenn man die Berufsimker mitzählt. 1% Berufsimker besitzen in Summe aber mehr Bienenvölker als die 99% Freizeit- und Nebenerwerbs-Imker. Nebenerwerbs- und Freizeitimker mit durchschnittlich 6 Völkern, also in einer traditionellen kleinbetrieblichen Struktur, haben dennoch einen großen Anteil an der gesamten Bestäubungsleistung. Berufsimker mit mehr als 150 Bienenvölker gibt es in Österreich nur wenige, werden aber als richtungsweisend für die gesamte Imkerschaft erlebt. Magazine, Arbeitsweise und Zielsetzungen vor allem der Nebenerwerbsimker orientieren sich stark an denen der Berufsimker. Die Ausbildung zum Imker beruht auf den Richtlinien der Landwirtschaft und unterscheidet nicht, ob jemand als Berufsimker oder als Freizeit-Imker arbeiten will.

Im Zuge einer ‚Verwissenschaftlichung‘ der Imkerei hat leider auch ein Verlust einer ganzheitlichen Sicht stattgefunden. Die innere Verbindung des Imkers/der Imkerin mit dem Bien verändert sich, wenn der wirtschaftliche Nutzen zu sehr in den Vordergrund rückt.

Imkerei ist Tierhaltung und mit jeder Tierhaltung geht auch die Verantwortung für die Tiere einher. Viele Imker sind sich der Verantwortung, die sie mit dem Erwerb von Bienen übernehmen, leider nicht bewusst.

Der neue Trend, dass Firmen zur Erreichung ihrer SDGs (Sustainable Development Goals/nachhaltige Entwicklungsziele) nun Bienenvölker am Betriebsgelände aufstellen, ist abzulehnen, sofern die Firmen nicht bereit sind, sich selbst mit den Tieren intensiv zu beschäftigen. Die Auslagerung an Betreuungsfirmen ist meist sehr kritisch zu sehen, da damit auch oftmals weite Anfahrt eines Betreuungsimkers verbunden sind. Die Dachterrasse (meist in Form einer Schotterwüste) eines Supermarktes oder der Vorgarten einer schadstoffausscheidenden Fabrik sind kein optimaler Aufstellungsort für Bienenstöcke!

Belastungsfaktoren der Bienengesundheit sind folgende:

  • einseitige Ernährung der Bienen in den Monokulturen der Landwirtschaft
  • steigende Rationalisierung der imkerlichen Betriebsweisen
  • die verwendeten Pflanzenschutzmittel
  • verkürzte Trachtzeiten,
  • Krankheiten (Viruserkrankungen infolge der Varroabelastung)
  • Schädlinge (kleiner Bienenstock- oder Beutenkäfer, Vespa Velutina), letztere als Folge der Globalisierung.

Die Möglichkeit, Bienen und Königinnen unterschiedlicher Rasse und Herkunft (z. B. aus dem Internet) zu bestellen, nehmen inzwischen sehr viele Imker wahr, ohne über die Folgen nachzudenken. Mit dem Import von fremden Bienen sind viele Gefahren/Probleme verbunden, welche der Mensch meist nur schlecht abschätzen und ausreichend beurteilen kann. Der ‚kleine Imker‘ scheut oft den Aufwand, Selektion und Königinnenzucht zu betreiben und Belegstellen aufzusuchen. Standbegattung, immer noch die häufigste Form der Vermehrung von Bienenvölkern, innerhalb einer gemischten Bienenpopulation führt zunehmend zu einer Vermischung der Bienenrassen und so findet man überall Hybridvölker mit ihren Nachteilen, vor allem der Verarmung des Genreichtums der angepassten autochthonen Rassen, die in Gefahr sind, mehr und mehr zu verschwinden.

Hermann Pechhacker stellte fest:

Europa ist die natürliche Heimat der heute in der Welt verbreiteten Bienenrassen. Die Italienerbiene, die Carnica und zum Teil auch die Caucasica findet man heute überall auf der Welt. Und was macht Europa? – es probiert alle Bienenrassen aus, importiert Bienen aus aller Welt und verbastardiert seine Landbiene und zerstört so die Populationen seiner bodenständigen Bienenrassen. Die Chance Europas aber liegt für die Zukunft darin, seine natürlichen Genresourcen zu schützen und durch gute Zuchtarbeit zu verbessern. Das ist zum Nutzen der heimischen Imker und auch der Weltimkerei. Auch die Berufsimker Amerikas oder Australiens suchen heute eine leistungsfähige und sanfte Biene. Europa sollte diese Chance nützen, denn Hybridbienen sind nach dem derzeitigen Stand der Zucht kein Weg in die Zukunft. Außerdem sind verlorengegangene Genresourcen für immer verloren.

Ein Blick auf unseren Verein

Die heute antreffbare Vielfalt von verschiedenen Herangehensweisen an die Imkerei spiegelt sich auch in unserem Verein. Wenn wir unseren Verein betrachten, so sind von 70 Mitgliedern nur sehr wenige im landwirtschaftlichen Bereich tätig. Obwohl die Imkerei traditionell zur Landwirtschaft zählt, betreiben nunmehr Menschen mit ganz unterschiedlichem beruflichem Hintergrund die Imkerei in ihrer Freizeit, meist als Ausgleich zum Berufsleben, manche auch als Nebenerwerb.

Ganz wichtig ist uns, dass in unserem Verein keine Konfrontation von ‚konventionellen‘ und ‚alternativen‘ Imkern stattfindet, sondern dass jeder die durchaus verschiedenen Zielsetzungen in der Begegnung mit den Bienen bei sich und den anderen anerkennt, dass Veränderung und Wissenserweiterung möglich sind und dass Neuimker/innen umfassend unterstützt werden. Imker mit langer Erfahrung sind unersetzbar. Da gibt es auch in unserem Verein einige, die auf (fast) alles eine Antwort wissen und den Anfängern mit Rat und Tat zur Seite stehen.

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