Seminar „Bienengesundheit“
Ing. Andreas Platzer – 3/4.11.2023 im Imkerhof Salzburg
Autorin: Julia Mayer
Am Freitagabend den 3.11.2023 und den ganzen Samstag (4.11.2023) fand im Imkerhof Salzburg ein Spezialseminar/Workshop mit dem Südtiroler Fachberater für Imkerei und Leiter der Südtiroler Imkerschule Ing. Andreas Platzer statt.
Spezialseminar/Workshop Bienengesundheit
Imkern in „Bella Italia“
Zunächst berichtete Hr. Platzer über die Wesensmerkmale der Imkerei in Italien. „Die Imkerei gehört in allen Belangen zur Landwirtschaftlichen Urproduktion auch ohne Grund und Boden! Die Imkerei ist in Italien eine Aktivität von nationalem Interesse!“.
In Italien gibt es 75.000 Imker, welche 1,56 Millionen Bienenvölker bewirtschaften.
50 % der Bienenvölker werden aber von 5 % der Imker bewirtschaftet. Die größte Imkerei hat ca. 20.000 Bienenvölker. Geimkert wird in Italien mit der Ligustica-Biene. Die italienischen Berufsimker sind sehr geschäftstüchtig und spezialisiert, wodurch sehr gute Preise erzielt werden können. Als Beispiele hierfür werden von Hrn. Platzer das einheitliche Beutensystem (Dadant Blatt) und die fortschrittliche Königinnenzucht in Italien genannt. Die Imkerei in Italien ist geprägt von starken Wanderbewegungen. Es gibt nationale Verbände (FAI=Federazione apicoltori Italiani, UNAPI=Unione nazionale apicoltori professionisti italiani, ANAI=Associazione nazionale apicoltori italiani) und lokale Verbände (z.B.: Südtiroler Imkerbund), welche auf Provinzebene agieren und der FAI angeschlossen sind. Das nationale Institut für Bienenzucht (INA = Istituto Nazionale Apicoltura), das Institut für Tierseuchenbekämpfung in Venetien (IZSVe = Istituto Zooprofilattico Sperimentale delle Venezie), lokale Veterinärämter mit 237 spezialisierten Amtstierärzten und 53 Fachberater für Imkerei (Esperti apistici statali) kümmern sich gemeinsam in einer Art Taskforce (Commitato sanitario) um die Gesundheit der Bienen in Italien. Für das Monitoring der Wild- und Honigbienen wird seit 2011 das BeeNet-System verwendet. Zusätzlich gibt es ein Meldesystem für ungeklärte Bienenverluste (Denuncia SPIA), welches dafür sorgt, dass sich im Bedarfsfall ein Amtstierarzt oder Sachverständiger innerhalb von 48 Stunden einer Schadensmeldung annehmen muss. Abgerundet wird das System noch die Gesundheitswarte in den Ortsgruppen.
In jeder der 114 Ortsgruppen wurde ein eigener Gesundheitswart installiert.
I Parassiti
Bläulingszikade (Metcalfa pruinosa)
Italien kämpft derzeit mit diversen neuen Schädlingen. Anders als auf den Internetseiten der AGES über die Bläulingszikae beschrieben, freut man sich in Italien nicht mehr über den Honigtau der invasiven Bläulingszikade (Metcalfa pruinosa). Diese verfärbt den in Italien sehr beliebten hellfarbigen Akazienhonig bräunlich, wodurch dieser nur noch zu einem geringeren Preis verkauft werden kann. Zur Bekämpfung der Bläulingszikade setzt Italien auf den Import des natürlichen Fressfeinds der Bläulingszikade, die nordamerikanische Zikadenwespe. Ähnlich wird die Marmorierte Baumwanze (Halyomorpha halys) in Italien bekämpft. Sie wird mit der Samurai-Wespe bekämpft.
Kleiner Beutenkäfer (Aethina tumida)
Ein weiterer bedeutender eingeschleppter Schädling ist der kleine Beutenkäfer. Er wurde 2014 vermutlich über den Hafen Gioa Tauro, dem 4. größten Frachthafen in Italien, eingeschleppt. 2014 waren 60 Bienenstände mit 470 Bienenvölkern betroffen. 2015 waren es 80 und 2016 120 befallene Bienenvölker. Danach wurde die Wirksamkeit der ergriffenen Maßnahmen erkennbar und die Anzahl der befallenen Völker reduzierte sich stark. Derzeit wird der Befall über so genannte „Sentinel Völkern“, welche nur 2-3 Waben haben und schnell befallen werden, überwacht. Um eine weitere Ausbreitung des Beutenkäfers zu verhindern, wurden Sperrzonen festgelegt, ein flächendeckendes Monitoring eingerichtet und die Schulung der Imker forciert.
Asiatische Hornisse (Vespa velutina)
Während sich in Österreich die Imker noch vor dem Einmarsch der asiatischen Hornisse (Vespa velutina) fürchten, ist sie in Italien bereits angekommen. Es ist nur noch eine Frage der Zeit, wann sie auch in Österreich erstmalig entdeckt wird. Experten rechnen damit, dass es 2024 bereits der Fall sein wird.
Hier ein paar Daten/Fakten zur asiatischen Hornisse (Vespa velutina):
- Heimisch in Südostasien – Vorkommen bis auf 6000m Seehöhe.
- Kleiner als die Europäische Hornisse Schwarz / Gelb (gelbe Beine, keine Braunfärbung)
- Sehr aggressiv, aber nur in Nestnähe. Bei Näherung -> ANGRIFF -> 4m Abstand halten!
- Stachel ist 6 mm lang – Imkerschutz ist nicht wirksam.
- Ausbreitung in Europa: FR, ES, PT, DE, CH, GB, LU – Meldungen auch in HU.
- Verbreitung durch Lkws/Campingbusse.
- Spanien hat das Problem komplett verkannt.
Die Vespa velutina bildet im März tennisball- bis bowlingkugelgroße Primärnester. Ab Mai bedienen sich die Hornissen dann an den Bienenstöcken. Heimkehrende Bienen werden beim Flugloch abgefangen. In Folge stellen die Bienen dann den Flugbetrieb komplett ein.
Im Juni/Juli ziehen die Hornissen vom Primärnest aus und bauen ein Sekundärnest (ca. 120 cm x 80 cm) auf. Vorzugsweise auf Laubbäumen wegen der Beschattung (ab 5m Höhe). Der Eingang zum Nest befindet sich seitlich im oberen Drittel der Nestkugel. Im September/Oktober bildet die Vespa velutina dann Drohnen und Königinnen aus. Pro Volk können bis zu 350 neue Königinnen entstehen.
In Italien montieren die Imker Gitterkörbe mit 8mm Maschenweite vor die Fluglöcher. Damit werden die Hornissen auf Distanz gehalten und die Bienen können sicher an- bzw. abfliegen. Nester der Vespa velutina werden von der Berufsfeuerwehr (untersteht dem Militär) entfernt. Auf den Autobahnraststätten gibt es eigene Fallen, welche von der Autobahnpolizei kontrolliert werden.
Varroamilbe (Varroa destructor)
Wenn über die Bienenschädlinge gesprochen wird, darf natürlich auch die Varroamilbe nicht fehlen. Wie in Österreich dürfen auch in Italien nur zugelassene Behandlungsmittel gemäß den empfohlenen Anwendungsmethoden eingesetzt werden. Andere Produkte und Anwendungsmethoden sind illegal. In Italien darf die Ameisen- und Milchsäure nicht eingesetzt werden.
Herr Platzer empfiehlt eine befallsorientierte Varroa-Behandlung.
Diese setzt aber voraus, dass man über regelmäßige Kontrollen den natürlichen Milbentotenfall eines Volkes in Erfahrung bringt. Multipliziert man den natürlichen Totenfall mit 300 (Volk mit Brut, Umrechnungsfaktor für Mai bis September) oder 500 (Volk ohne Brut, Umrechnungsfaktor für Oktober bis November) erhält man die ungefähre Anzahl an Milben im Volk. Bei einem Befallswert von 2.000 Milben oder darüber ist der kritische Schwellwert für ein Bienenvolk überschritten und eine sofortige Behandlung muss durchgeführt werden. In jüngster Zeit geht die Tendenz jedoch dahin, diese Schwelle bereits bei 1.500 anzusetzen.
Wichtig ist, dass man im Frühjahr nur mit einer sehr kleinen Milbenpopulation startet. Damit die Milbenanzahl via Gemülldiagnose ermittelt werden kann, empfiehlt Hr. Platzer die Windel mit Kettensägenöl zu bestreichen.
Die für die Bienen schonendste Varroa-Behandlung ist sicherlich die Oxalsäure-Verdampfung. Dabei ist aber auch darauf zu achten, dass die Winterbienen möglichst geschont werden und nicht mehr als 6g Oxalsäure/Volk/Bienengeneration in ein Volk eingebracht werden. Anderenfalls können die Bienen übersäuern.
Mangiare
Nach dem Exkurs über die Bienenschädlinge ging Hr. Platzer noch auf die richtige Fütterung der Bienen näher ein. Für die Fütterung darf niemals brauner Zucker verwendet werden, da dieser einen hohen HMF-Gehalt hat, welcher für die Bienen giftig wäre. Futterteig (Staubzucker + Glucosesirup) wird von den Bienen als offenes Futter angesehen und direkt verwendet. D.h. Futterteig wird nicht eingelagert. Ab der Kirschblüte sollte man – sofern überhaupt notwendig – nur noch Futterteig zum Füttern verwenden, da flüssiges Futter sonst auch im Honig zu finden wäre. Der im Handel erhältliche Futterteig mit Pollenanreicherung ist laut Hrn. Platzer wenig sinnvoll, da dieser mit Gamma-Bestrahlung seuchenfrei gemacht wurde.
In unserer Gegend sollten die Bienen noch ausreichend natürlichen Pollen finden können.
L’inverno
Die Frage, ob die Bienen im Winter warmgehalten werden sollen, wurde von Hrn. Platzer klar verneint. Die Bienen brauchen eine Winter-Brutpause. Anderenfalls würden die Bienen im Winter noch mehr Futter verbrauchen. Im Frühjahr kann man die Bienen durch Anpassen des Brutraums (angepasster Brutraum) auf Zug halten. Dabei ist jedoch darauf zu achten, dass bei reichlichem Polleneintrag die Brutnester nicht zu sehr eingeengt werden. Es muss stets ausreichend Platz für die Eiablage vorhanden sein.
La Conclusione
Abschließend kann festgehalten werden, dass dem Imkerhof Salzburg mit diesem Spezialseminar/Workshop wieder eine sehr tolle Veranstaltung gelungen ist. Hr. Platzer konnte mit seinem Vortrag bei der Tennengauer Imkerfachtagung am 15. Jänner 2023 schon viele Imker mit seinem profunden Bienenwissen beeindrucken. So freut es uns, dass er erneut die Fahrt nach Salzburg auf sich genommen hat. Herzlichen Dank dafür! Danke aber auch an den Imkerhof Salzburg und den Salzburger Landesverband für Imkerei und Bienenzucht. Solche Veranstaltungen mit solchen tollen Referenten sind immer wieder ein Genuss und ein absolutes Muss für alle Imkerinnen und Imker!
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