Flachgauer Imkerfachtage
26-27.1.2024
Autoren: Elisabeth Karl, Bernd Meierhofer
Die zweitägige Imkerfachtagung war eine inspirierende Veranstaltung, die Imkerinnen und Imkern eine Fülle von Informationen und Möglichkeiten zum Austausch bot. Am ersten Tag standen zwei Vorträge von Frau Dr. Linde Morawetz von der AGES auf dem Programm. Im ersten Vortrag ging um das Thema „Bienenviren in Österreich – ihre Verbreitung und Bedeutung für die Bienenzucht“. Im zweiten Vortrag um die Bedrohung durch die asiatische Hornisse (Vespa Velutina) sowie über ihre aktuelle Verbreitung in Europa und die Problematik ihrer Bekämpfung. Der zweite Tag stand ganz im Zeichen der Vorträge des emeritierten deutschen Bienenforschers Dr. Ralph Büchler, der über die Themen „Varroaresistenz von Honigbienen“ und „Auf dem Weg zu einer medikamentenfreien Imkerei“ referierte. Abgerundet wurde der zweite Tag noch durch einen Vortrag vom Laborleiter des Salzburger Imkerhofs, Dipl.-Biol. Christian Steube zum Thema „Bienengesundheit in der eigenen Imkerei“. Abschließend appellierte der Geschäftsführer vom Salzburger Imkerhof, Thomas Renner an die Teilnehmer, den Imkerhof und sein Labor intensiv zu nutzen.
Zusammenfassend kann gesagt werden, dass der Salzburger Landesverband und im Besonderen unser Flachgauer Gauobmann Andreas Brieger hier eine gelungene Veranstaltung mit Vorträgen von namhaften Experten auf die Beine gestellt hat. Die Teilnehmer hatten ausreichend Gelegenheit mit den Experten zu diskutieren und offene Fragen zu klären. Alles in allem eine runde und sehr gelungene Veranstaltung. Herzlichen Dank dafür!
Die Vorträge im Detail
Bienenviren in Österreich – ihre Verbreitung und Bedeutung für die Bienenzucht (Dr. Linde Morawetz)
Virus bedeutet Gift, Viren sind keine Lebewesen und benötigen zum Überleben einen Organismus (Wirt).
Es gibt kein Tierarzneimittel gegen Bienenviren
Bienenviren kommen in allen Bienenvölkern vor. Wichtig ist nur die Viruskonzentration (RNA-Kopien / mL Lösung).
Jedes Virus kann zur Gefahr werden, wenn sich der Übertragungsweg ändert. So könnte z.B. das Königinnenvirus in Zukunft auch auf die Arbeiterinnenbrut übergehen. Auch wenn der Organismus, in unserem Fall die Biene, z.B. durch die Varroamilbe geschwächt ist, kann das Virus zur tödlichen Gefahr werden.
5 Virustypen kommen in Österreich vor:
- CBPV (Chronischer Bienenparalyse Virus) wird in Europa immer mehr zum Problem, Königin wird nicht angenommen
- ABPV (Akuter Bienenparalyse Virus) Symptome ähnlich Nosema cerana (Totenfall, leere Bienenstöcke)
- BQCV (Black Queen Cell Virus/Schwarzer Königinnenvirus), zur Zeit nur in Königinnen vorkommend
- DWV (Deformed Wing Virus/Flügeldeformationsvirus), wirkt nur in Verbindung mit der Milbe so verheerend
- SBV (Sackbrutvirus), befällt Bienenlarven, die dann absterben
Horizontale Virusübertragung = Übertragung innerhalb einer Generation (z.B. Futter, Kot, Körperkontakt, bei der Begattung von den Drohnen auf die Königin (Viren im Begattungsstigma))
Vertikale Virusübertragung = Übertragung auf die nächste Generation. Von der Königin zu den Eiern
Je älter eine Bienenkönigin ist, desto mehr Viren sind vorhanden.
Es ist wichtig, gesunde Bienenvölker zu halten und dies auch durch Virustests zu überprüfen.
Bienenvölker in höheren Lagen haben weniger Viren
Projekt „Imkerei Digital“ – Teilnahme an Umfragen und Erfahrungsberichte
Vespa Velutina – Bericht zur aktuellen Verbreitung in Europa und die Problematik ihrer Bekämpfung (Dr. Linde Morawetz)
Die Vespa Velutina nigrithorax stammt ursprünglich aus China und eine begattete Königin, die 2004 per Schiff nach Frankreich kam, hat vermutlich ausgereicht, um sich von dort aus über fast ganz Frankreich auszubreiten. Inzwischen ist sie auch in Portugal, Spanien, Italien (2013), Deutschland (2015), Großbritannien und der Schweiz (2017) angekommen. 2023 gab es erste Funde in Ungarn nahe der österreichischen Grenze und in Tschechien bei Pilsen, letztes Jahr auch in Bayern, in der Bodenseeregion und um Triest.
Sie fühlt sich vor allem in Westeuropa wohl, in Küstenregionen, in und um Städte, in landwirtschaftlich genutzten Bereichen, in Deutschland entlang von Flußläufen und Autostraßen – sie fährt häufig mit, gerne in Wohnmobilen. Möglicherweise ist das Klima in Österreich (noch) nicht so geeignet für eine intensive Besiedlung, wenn, dann eher im Osten, d.h. es könnte insgesamt zu einer moderaten Populationsdichte kommen. Ein detailliertes Ausbreitungsmodell gibt es für Österreich noch nicht, aber es kann immer etwas Unvorhergesehenes passieren.
Die Asiatische Hornisse ist schwarz mit gelben Beinspitzen, gelben Streifen am Hinterleib und einem orangen Streifen. Sie ist etwas kleiner als die geschützte Europäische Hornisse. Die Europäische Hornisse ist rotbraun und hat einen wespenähnlichen Hinterleib.
Die Nester der Vespa Velutina sind sehr groß, birnenförmig bis rund, etwa 80 cm hoch und 60 cm breit, der Eingang befindet sich an der Seite. Das Nest der Europäischen Hornisse ist zylindrisch und man kann von unten hineinsehen.
Interessant ist, dass die asiatische Hornisse ab einer bestimmten Größe des Primärnestes ein Sekundärnest weiter oben in einem Baum baut, wohin dann im August fast das gesamte Volk umzieht.
Der Jahresrhythmus der Vespa Velutina ähnelt dem anderer staatenbildender Völker wie Hummeln oder Wespen. Im Frühjahr gründet eine begattete Königin das Primärnest, im Herbst werden die Geschlechtstiere „abgelegt“ und die Jungköniginnen begattet. Es können bis zu 200 Jungköniginnen pro Nest schlüpfen, allerdings liegt die Verlustrate bei 90% bis 95%. Das bedeutet, dass im Frühjahr immer noch etwa 18 bis 19 Königinnen mit dem Nestbau beginnen. Außerdem können sie ca. 30 km weit fliegen und sind oft perfekte blinde Passagiere in PKWs und LKWs, die dann noch viel weitere Strecken zurücklegen.
Die Nester sind sehr schwer zu finden und zu entfernen. Sie befinden sich meist in hohen Bäumen in dichtem Laub. Es ist nicht empfehlenswert, ein Nest auf eigene Faust zu entfernen, da die Vespa Velutuna nicht nur sticht, sondern auch Gift verspritzen kann. Das Gift kann über die Schleimhäute in den Körper eindringen. Ihr Gift ist für den Menschen nicht gefährlicher als das von Bienen oder Wespen. Gefährdet sind vor allem Allergiker.
Zur Bekämpfung ist eine Ganzkörperschutzkleidung erforderlich, um auch Gesicht und Augen zu schützen, außerdem ist ihr Stachel länger als der der heimischen Bienen oder Hornissen.
Ein Nest benötigt etwa 11 kg Eiweiß für die Brut. Die Hornissen selbst ernähren sich von Nektar aus süßen Quellen. Da es im Herbst nur noch wenige Insekten gibt, wird die Biene zur bevorzugten Nahrung. Die Hornisse lauert den zurückkehrenden Bienen vor dem Flugloch auf und tötet sie. Irgendwann erkennen die Bienen die Gefahr und stellen das Fliegen ein. Wenn sich ein Volk nicht mehr wehren kann, dringt die Hornisse auch in den Bienenstock ein.
Rechtliche Situation: Die Asiatische Hornisse wird als invasive Art eingestuft. Sie kann die heimische Artenvielfalt gefährden und muss daher bekämpft werden.
In Österreich besteht eine komplexe Kompetenzsituation. Derzeit sind Koordinationssitzungen der verschiedenen Zuständigkeiten unter Federführung der AGES geplant.
Was können wir als Imker tun?
Im Hochsommer/Herbst den Bienenflug am Bienenstand mindestens 20 Minuten lang beobachten. In dieser Zeit kann man einen eventuellen Hornissenbesuch feststellen. Die Anwesenheit mit Fotos und/oder Videos dokumentieren, eventuell die Flugrichtung feststellen, die Hornisse nicht töten. Das Bildmaterial am besten an den Imkerhof oder an bienen@ages.at schicken, die dann das weitere Vorgehen festlegen.
Weiterführende Informationen zur Vespa Velutina: Informationsbroschüre der AGES
Varroaresistenz von Honigbienen (Dr. Ralph Büchler)
Umwelt und Ernährung führen zu natürlichen Anpassungen. Für die Bienengesundheit ist es wichtig, dass die Bienen an den Standort angepasst sind. Varroaresistenz durch natürliche Selektion. Bienen aus Südfrankreich sind bei uns nicht sinnvoll.
Fortpflanzung der Milben: In einer Bienenzelle bringt eine Muttermilbe zuerst ein Männchen und dann mindestens eine Tochter zur Welt, die sich alle von der Larve ernähren. Die Töchter werden vom Männchen in der Zelle begattet und verlassen diese, wenn die Biene schlüpft. Diese ist dann meist krank und/oder geschwächt und kann die vielfältigen Aufgaben im Volk nicht oder nur schlecht erfüllen. Das Milbenmännchen stirbt in der Zelle. Nur wenn der Vermehrungszyklus der Milbe durch Öffnen oder Ausräumen der Zellen gestört wird, kann die Vermehrung der Milbe verhindert werden.
Untersuchungen haben gezeigt, dass Bienen die Brutzellen sehr oft wieder öffnen und verschließen können. Bis zu 17 Mal wurde dies beobachtet. Der Experte spricht hier vom Recapping. Jeder Imker kann und sollte das Recapping bei den eigenen Bienen beobachten.
Es besteht eine sehr enge Kommunikation zwischen Pflegebienen und Brut. Parasitierte Puppen geben entsprechende Duftsignale ab.
Nur auf der Insel Kauai (viertgrößte Insel Hawaiis) und auf der Isle of Man gibt es derzeit noch keine Varroa.
Die Varroaresistenz der Honigbiene ist aus wissenschaftlicher Sicht erklärt. Richtige VSH-Untersuchungen (Varroa Sensitive Hygiene) können eigentlich nur Bieneninstitute machen, da diese sehr aufwändig sind.
VSH hat aber auch Folgekosten für das Bienenvolk. Wenn sich das Bienenvolk mehr um die Brut kümmert bzw. kümmern muss, bleibt weniger Zeit für andere Dinge (Sammeln von Honig etc.).
Die Erblichkeit der VSH liegt bei 0,44. Also bei einem Wert mit dem züchterisch gearbeitet werden kann. Zum Vergleich dazu: Die Erblichkeit der Honigleistung liegt bei 0,28 und die Erblichkeit der Bienen-Sanftmut bei 0,6. Bei Buckfast-Bienen liegt der VSH-Wert derzeit noch niedriger. Dies liegt aber möglicherweise noch daran, dass hier noch weniger Daten im System erfasst sind.
Die richtigen Königinnen für Salzburg kann man nur in Salzburg züchten!
Herr Büchler berichtete über das Projekt EurBesT. In diesem Projekt wurde die Frage gestellt, ob Resistenzzucht für Berufsimker sinnvoll ist. Teilnehmer waren Imkereibetriebe aus diversen europäischen Ländern (z.B.:
Polen – dort werden die meisten Königinnen besamt, Griechenland produziert die günstigsten Königinnen). Die EurBeST-Linien werden nicht in andere Länder versandt.
Zucht + Varroabekämpfung gehören zusammen
Prüfung ist viel Arbeit. Herr Büchler rechnet mit doppelt so viel Arbeit.
Es ist wichtig, dass alle Imker gesunde Völker aufbauen
Auf dem Weg zu einer medikamentenfreien Imkerei (Dr. Ralph Büchler)
Die Varroamilben vermehren sich exponentiell. Dieses Wachstum ist für viele Imker nicht mehr einfangbar.
Winterbehandlung: Mittel wirken am besten in der brutfreien Zeit. Die Winterbehandlung kann aber den Gesundheitszustand der Völker nicht verändern. Ziel der Winterbehandlung = späterer Start der Milben im nächsten Jahr. Winterbehandlung ist aber Selektion auf Anfälligkeit
Jede Behandlung mit Ameisensäure kostet ca. 1.000 Bienen pro Volk. Das derzeitige Behandlungskonzept ist daher eine Gratwanderung an der Milben-Schadschwelle. Die Wirksamkeit der Ameisensäurebehandlung schwankt stark mit den Temperaturen.
5% Winterverluste wären tolerierbar. Mehr als 5% deuten aber auf ein Krankheits- oder Managementproblem des Imkers hin.
Die Umwelt verändert sich. Wir müssen ständig lernen.
Ziel sei es, den Völkern eine verlässliche Brut/Winterpause zu ermöglichen.
Wir müssen die Varroa in den Griff bekommen, sonst hat die Imkerei verloren.
70% der Milben sind in der Brut.
Die Milbe braucht immer 1-2 Brutzyklen, um sich voll zu vermehren.
In der medikamentenfreien Bienenhaltung wird das Schwarmverhalten der Bienen sozusagen nachgeahmt. Wenn Bienen schwärmen, sind sowohl das alte Volk im Bienenstock als auch das neue Volk 4-5 Wochen brutfrei. D.h. der Fortpflanzungsrhythmus der Milbe wird unterbrochen und damit verhindert, dass genau zur Zeit der „Winterbienenproduktion“ die Zellen von der Milbe besiedelt werden. Somit können die starken, gesunden Winterbienen heranwachsen, die das Volk zum Überleben braucht.
Totale Brutentnahme
Eine gute Möglichkeit das Volk brutfrei zu machen ist eine totale Brutentnahme (TBE). Sie hat den Vorteil, dass die Königin nicht gesucht werden muss. Die TBE ist aber sicherlich eine Materialschlacht. Zum Zeitpunkt der TBE (Juni/Juli) befinden sich ca. 35.000 Bienen in der Beute. Die TBE wird 10-14 Tage vor der Honigernte durchgeführt. Bei der TBE ist aber notwendig, dass auch eine Fangwabe (Wabe mit Eiern und jungen Larven) eingesetzt wird. Diese wird dann 9 Tage später entnommen. Dadurch werden auch die auf den Bienen sitzenden Milben gefangen.
Bannwabenverfahren
Eine weitere Möglichkeit, ein brutfreies Volk zu erhalten (nur 5-6% der Imker wenden diese Methode an), ist das Bannwabenverfahren. Diese Methode wird von Herrn Dr. Büchler selbst praktiziert. Dabei wird die Königin in einem getrennten Bereich der Beute für 36 Tage (4 x 9 Tage) eingesperrt. In diesen getrennten Bereich kommt dann auch ein Drohnenbaurahmen. Hr. Büchler schickt seine Königin somit in den Sommerurlaub. Alle 9 Tage wird dann die verdeckelte Bannwabe mit den Milben entnommen und eingeschmolzen. Im anderen Bereich der Beute werden die Rähmchen brutfrei und können somit ausgewechselt werden (Wabenumtrieb)
Die Langlebigkeit der Bienen ist eine hormonelle Frage. Die Lebenserwartung hängt von der Brutpflege der Bienen ab. Winterbienen betreiben keine Brutpflege und leben daher deutlich länger.
Für die Varroakontrolle empfiehlt Dr. Büchler, Kettensägenöl, das auch am billigsten ist, auf die Windeln zu walzen, damit die Varroamilben kleben bleiben und die Milbenzählung auch ein valides Ergebnis liefert.
Betrachtet man die Paarungsbiologie der Honigbiene (massiver Drohnenüberschuss, mehrfache Begattung der Bienenkönigin, …) genauer, so stellt man fest, dass diese für eine Selektion auf Vitalität perfektioniert ist. Es wäre gut, viele Drohnen in der Luft zu haben, die aus Völkern stammen, die selbst mit der Varroamilbe zurechtgekommen sind.
Bienengesundheit in der eigenen Imkerei (Dipl.-Biol. Christian Steube)
Gesunde Bienen beanspruchen weniger Zeit.
Gesunde Bienen sind unser Kapital
In seinem Vortrag gab Christian wertvolle Tipps, worauf man achten sollte, um die Bienenvölker so gesund wie möglich zu halten.
Zum Abschluss seines Vortrags gab es auch einen Ausblick auf zukünftige Tätigkeiten des Labors im Imkerhof (Gesundheitsberatung, künstliche Besamung, Milben-Auszählung von Brutwaben)
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