Ablegerbildung in Theorie und Praxis
Bericht über den Kurs am 11.5.2024 im Imkerhof Salzburg
Autorin: Elisabeth Karl
Am 11.5.24 fand im Imkerhof Salzburg ein halbtägiger Kurs für Neueinsteiger und Interessierte zum Thema „Ablegerbildung in Theorie und Praxis“ statt. Thomas Renner konnte als Referent vor zahlreichen Teilnehmerinnen und Teilnehmern, großteils aus dem heurigen Anfängerkurs, einerseits wissenschaftliche Erkenntnisse in seine Ausführungen einfließen lassen, andererseits berichtete er über seine persönlichen Erfahrungen mit Ablegern, Kunstschwärmen und Naturschwärmen.
Mythen in der Imkerei
Er begann damit, einige Mythen, die sich in der Imkerei lange gehalten haben und vielleicht immer noch halten, mit neuen Erkenntnissen zu konfrontieren:
Mythos 1: „Ein Volk, das nicht g´scheit tut, teilen wir auf“
Damit ist zumeist ein Volk gemeint, wo sogenannte „Sportbienen“ das Arbeiten ohne Schutzkleidung kaum möglich macht oder ein Volk, das einen starken Schwarmtrieb hat. Da die Arbeit mit derartigen Völkern sehr mühsam ist, ist es nicht sinnvoll, aus solchen Völkern Ableger zu ziehen, weil diese Eigenschaften weitervererbt werden. Wir Imker arbeiten am liebsten mit Völkern, bei denen der Honigertrag, die Sanftmut und der Wabensitz stimmt und die zudem nicht schwärmen wollen, auch wenn der Schwarmtrieb grundsätzlich der Vermehrung eines Volkes dient.
Mythos 2: „Ein Ableger muss stark sein“
Er muss stark werden und es reicht im Grunde eine Brutwabe für einen Ableger.
Mythos 3: „Man muss dem Volk weh tun“ – indem man es schröpft.
Man glaubte, dass dies das Schwärmen verhindern würde, aber oft hatte es den gegenteiligen Effekt.
Mythos 4: „Zur Schwarmverhinderung bilden wir einen Ableger“
Ein Volk in Schwarmstimmung wird trotzdem schwärmen.
Mythos 5: „Kunstschwärme werden im Juli gemacht“
Heute weiß man, dass Kunstschwärme, die im Mai gemacht werden, im nächsten Jahr ein gutes Volk hervorbringen, da im Mai normalerweise ein Überfluss an Tracht und Pollen vorhanden ist.
Mythos 6: „Eh nur standbegattet“
Dabei ist zu bedenken, dass Belegstellenköniginnen ihre Qualitäten erst im nächsten Jahr erbringen. Nach den deutschen Bienenforschern und Imkern Dr. Aumeier/Dr. Liebig ist die Standbegattung am sinnvollsten. Sie sind der Meinung, dass Bienen, die sozusagen „vor Ort“ gezüchtet werden, am besten an ihre Umgebung und damit an die dort vorkommenden Trachten und Pollen angepasst sind.
Mythos 7: „So eine schöne Schwarmzelle“.
Allerdings wird der Schwarmtrieb vererbt, wenn Ableger mit Schwarmzellen gebildet werden.
Für den Vortragenden, Thomas Renner, ist ein Schwarm ein Totalschaden. Im Stock sinkt die Honigproduktion und der Schwarm ist aufgrund des Befalls durch die Varroamilbe zum Sterben verurteilt, falls er nicht eingefangen und behandelt wird. Zudem wird er zur Milbenschleuder. Thomas betont mehrmals, dass das sehr hart klingt, sein Interesse in der Imkerei allerdings dem Honigertrag, der Wachsgewinnung und der Völkerbildung gilt. Auf der anderen Seite ist das Schwärmen eines Volkes ein beeindruckendes Naturereignis, das ihn immer wieder fasziniert und sollte er einmal darüber nicht mehr staunen können, gibt er die Imkerei auf.
Grundsätzliches:
Jungvölker sind das Wohl der Imkerei
Jungvölker bildet man gezielt, es muss klar sein, dass man sich um einen Ableger kümmern muss. Das betrifft einerseits die Varroabehandlung (Oxalsäure träufeln, solange es keine verdeckelte Brut gibt), andererseits das Füttern und die Wahl eines geeigneten Standplatzes abseits von Wirtschaftsvölkern. Wenn ein Ableger bei Wirtschaftsvölkern aufgestellt wird, kann es zur Räuberei kommen.
Thomas Renner rät, nie aus dem Schwarmtrieb eines Volkes heraus einen Ableger zu bilden, auch wenn eine Schwarmzelle eine perfekte Zelle wäre. Man vermehrt damit, wie schon beschrieben, den Schwarmtrieb.
Jungvölker und Wirtschaftsvölker haben unterschiedliche Intentionen.
Ein Ableger bzw. Kunstschwarm/Naturschwarm will über den Winter kommen und die Jungkönigin wird sich bemühen, ein starkes Volk zu bilden und einen ausreichenden Futtervorrat anlegen zu lassen. Ein Wirtschaftsvolk will sich im Frühling durch Schwärmen vermehren. Diese Intentionen sollte man im Fokus haben, wenn man Jungvölker bildet.
Wie erhalte ich Jungvölker?
Einwabenbrutableger (bzw. kann man auch mehr als eine Wabe verwenden):
Eine Brutwabe, eine Mittelwand, eine Futterwabe, ein Schied werden in einen Ablegerkasten oder eine Beute eingesetzt, (die Reihenfolge der Rähmchen hängt davon ab, ob ein Ablegerkasten oder eine eigene Beute verwendet wird). Bienen ziehen dann selbst eine Königin, 24 Tage nach Erstellung sollte man kontrollieren, ob eine Königin vorhanden ist und ob sie legt. Falls nicht, kontrolliert man nach einer Woche noch einmal. Die Behandlung mit Oxalsäure sollte ebenfalls nach 24 Tagen erfolgen. Wenn von den Bienen sicherheitshalber mehrere Weiselzellen angelegt wurden, werden alle, bis auf die eine, vernichtet.
Füttern sollte man wegen der Räubereigefahr am Abend und nur etwa 1/2l Flüssigfutter, damit die Bienen schnell mit dem Eintragen fertig werden.
Kunstschwarm:
Bienen aus mehreren Völkern wird eine begattete Königin zugesetzt. Vorerst ist keine Brut vorhanden. Behandlung mit Oxalsäure.
Naturschwarm:
Varroa und eventuell Krankheiten können ein Problem sein, vorerst keine Brut, alte Königin, Behandlung mit Oxalsäure.
Grundsätzliches
- Bei Jungvölkern kann man Bienen aus verschiedenen Völkern mischen, falls man mehr Bienenmasse benötigt. Jungbienen haben noch kein Problem mit „fremden“ Bienen.
- Für die Aufzucht von Bienen sind ausreichend Jungbienen nötig, da ältere Bienen nicht mehr so gut in der Lage sind, Futtersaft für die Fütterung der Larven zu bilden.
- Jungvolkbildung bedeutet Stress für das Jungvolk, weil das Fehlen von Königin bzw. Brut Unruhe und Orientierungslosigkeit hervorruft. Deshalb ist auch die Platzwahl wichtig, damit nicht Räuberei die Situation zusätzlich verschärft.
- Laut Thomas Erfahrung kommen Jungvölker in Styroporbeuten besser zurecht
- Ablegerkästen sind erst ab etwa 8 – 10 Völkern sinnvoll
- Für den Imker/Imkerin ist das Einhalten von Terminen wichtig, der Zeitpunkt der Bildung der Jungvölker ist für die weiterführenden Arbeiten, wie Oxalsäurebehandlung, wichtig und man muss wissen, wann die Königin die Legetätigkeit aufnimmt.
- Die Fluglöcher sollten bezüglich des Flugverhaltens der Bienen beobachtet werden. Ebenso die Entwicklung der Tracht in der Umgebung der Stöcke bzw. Ablegerkästen.
- Ableger sollten nur mit Futterwaben gefüttert werden
- Ganz wichtig beim Bilden der Jungvölker ist ein Überfluss an Tracht und Pollen, damit „dickes“ Gelee Royal produziert werden kann. Im Mai herrscht dieser Überfluss und die Bienen sind mit Vollgas am Bauen. Laut Dr. Aumeier/Dr. Liebig ist es wichtig, dass die Königin im Wachstumsprozess gut mit Pollen und Nektar versorgt wird, damit die Legetätigkeit optimal ablaufen kann.
- Die Bienenkönigin muss die Möglichkeit und die Zeit haben, gut zu reifen. In Apidea-Kästchen ist die Umgebung für eine ausreichende Reifung nicht optimal. Manchmal hat sie zu wenig Platz für die Eiablage.
- Die Jungvölker sollten nach der Einlogierung „auf Zug“ gehalten werden und bei Bedarf sollte mit Zuckerwasser zugefüttert werden.
- Die besten Ableger entstehen im Mai. Der Juni ist schon nicht mehr so gut geeignet, weil die Tracht „abreißen“ kann. D.h. es gibt eventuell eine Phase, wo die Sammlerinnen wenig bis gar nichts finden.
Werkzeuge und Gerätschaften
- Ablegerkästen in diversen Größen. Thomas verwendet einen dreiteiligen Ablegerkasten
- Direkt abschließender Schied für das jeweilige Beutenmaß. Das Schied muss die Völker im Ablegerkasten sauber trennen
- Für Kunst-/Naturschwärme können dreieckige Mittelwände verwendet werden. Thomas zeigt diagonal halbierte Mittelwände. Das funktioniert aber nur, wenn eine Königin vorhanden ist. Also nicht bei Ablegern.
- Mittelwände und Schiede helfen den Jungbienen bei ihrer Arbeit.
- Königinnen-Abfangklammer
Ableger im dreiteiligen Ablegerkasten
Nach der theoretischen Einführung zeigte uns Thomas anhand eines dreiteiligen Ablegerkastens, wie man einen Ableger macht. Er hatte bereits im Vorfeld ein Volk ausgewählt, aus dem er drei gut besetzte Brutwaben entnahm, auf denen alle Brutstadien (Eier, Larven, verdeckelte Brut) vertreten waren. Der Brutraum wurde durch zwei Schiede in drei Abschnitte geteilt. In jedem Abschnitt wurden eine Brutwabe, eine Mittelwand und eine Futterwabe eingesetzt.
Kunstschwarm via Mulitbox einlogieren
Weiters zeigte er allen Teilnehmern das Einlogieren eines Kunstschwarmes. Es war sehr spannend zu beobachten, wie er zuerst die Kunstschwarmbox (Multibox) vorsichtig abstieß, damit die Bienen nach unten fallen und sie dann durch die geöffnete Klappe vorsichtig in die Zarge stieß. Anschließend bekamen sie noch eine begattete Königin im Zusetzkäfig zugesetzt, die sie bereits „kannten“, da sie auf der Kunstschwarmbox liegend auf ihre Aufgabe gewartet hatte. Außerdem gab es Proviant in Form einer Futtertasche, die mit Futtersirup gefüllt wurde. Die Behandlung mit Oxalsäure wird die Besitzerin der Beute nach dem Kurs machen.
Erstellung eines Kunstschwarms
Anschließend konnten wir Kursteilnehmer noch die Erstellung eines Kunstschwarms beobachten. Dazu suchte Thomas zuerst die Königin und entnahm sie mit der Königinnenklammer vom Rahmen. Anschließend schüttelte er Bienen von zwei, drei Rahmen über einen Trichter in eine Kunstschwarmbox (Multibox), wo sie auf das Einlogieren in ein neues Heim und auf eine begattete Königin warten.
Abschließend beantwortete Thomas die Fragen der Teilnehmer.
Resümee
Zusammenfassend möchte ich sagen, dass die Schulung sehr informativ war und Thomas sie in seiner bekannt lebhaften Art auch sehr humorvoll gestaltet hat. Beeindruckend war für mich, und ich denke auch für die anderen Teilnehmer, der praktische Teil. Man bekam das Gefühl, dass es recht einfach ist, Ableger oder Kunstschwärme zu machen. Allerdings fehlt dem einen oder anderen vielleicht die Routine von Thomas. Trotzdem kann man mit diesem Vorwissen gut gebrieft an die Ableger- oder Kunstschwarmbildung gehen und seine Völker erweitern.
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