Bienenschwärme
Natürliches Verhalten mit Vor- und Nachteilen
Ein Bienenschwarm ist ein faszinierendes Naturschauspiel und zugleich ein bedeutendes Ereignis im Jahreslauf eines Bienenvolks. Wenn im Frühjahr oder Frühsommer ein Volk stark genug ist (bei uns meist erst Mitte Mai, es wurden aber auch schon erste Bienenschwärme Ende April gemeldet), kann es sich durch Schwärmen teilen – ein Teil des Volkes verlässt mit der alten Königin den Bienenstock, um sich eine neue Behausung zu suchen. Dieses Verhalten ist die natürliche Art der Vermehrung der Honigbiene und kann sicherlich nie ganz unterdrückt werden.
In früheren Zeiten wurde der natürliche Schwarmtrieb der Bienen nicht nur toleriert, sondern gezielt genutzt. Insbesondere die Krainer Biene (auch Carnica genannt), bekannt für ihre Sanftmut und Anpassungsfähigkeit, zeigte damals einen ausgeprägten Schwarmtrieb. Imker nutzten dieses Verhalten, um Bienenvölker zu vermehren und sie für den Verkauf bereitzustellen. Durch langjährige Selektion konnten die Züchter der Carnica-Biene dieses Verhalten aber wieder auf ein – für heutige Verhältnisse – brauchbares Maß eindämmen.
Wie entsteht ein Bienenschwarm?
Der Schwarmtrieb wird in der Regel durch mehrere Faktoren ausgelöst: eine starke Volksentwicklung im Frühjahr, Platzmangel im Stock, ein großes Brutnest, gutes Flugwetter und eine ältere Königin. Oft wird auch der Futtersaftstau genannt, welcher entsteht, wenn das Verhältnis von Pflegebienen zu pflegender Brut im Bienenvolk nicht ausgeglichen ist. Dies kann z.B. nach einer längeren Schlechtwetterperiode auftreten, wenn die Königin ihre Legetätigkeit reduziert hat und bereits viele Pflegebienen im Stock sind. Verstärkt wird dieses Phänomen, wenn die Bienen nicht bauen können oder kaum Futter zu verarbeiten ist. Die Bienen sind dann zur Untätigkeit verdammt und kommen auf andere Ideen (Schwärmereien). Sobald das Volk in Schwarmstimmung gerät, ziehen die Arbeiterinnen Weiselzellen am Rand der Brutwaben. In diesen besonderen Zellen entwickeln sich neue Königinnen. Meist kündigt sich ein Schwarmtrieb auch schon einige Zeit vorher durch das vermehrte Bilden von unbestifteten Spielnäpfchen an.
Vorschwarm
Kurz bevor die erste Jungkönigin schlüpft (ca. 2 Tage vor dem Schlupf der Jungköniginnen), verlässt die alte Königin mit etwa 10.000 bis 20.000 Arbeiterinnen den Stock – dies ist der sogenannte Vorschwarm. Bei Schlechtwetter kann sich dieser Auszug natürlich verzögern. Passt aber das Wetter, ziehen die Bienen aus dem Stock aus und sammeln sich meist in der Nähe des Stockes (z. B. an einem Ast), um sich neu zu orientieren, während Spurbienen nach einem geeigneten neuen Nistplatz suchen. Schwärme ziehen gerne zwischen 11 und 15 Uhr aus ihrem Bienenstock aus. Vorschwärme bleiben mit der alten Königin oftmals in niedriger Höhe sitzen. Der vom Schwarm mitgenommene Proviant reicht für 3 Tage.
Nachschwärme
Nachdem der Vorschwarm ausgezogen ist, schlüpfen im alten Stock nach und nach die jungen Königinnen aus den übrigen Weiselzellen. Es kann dann zu sogenannten Nachschwärmen kommen: kleinere Schwärme, die mit einer der frisch geschlüpften Königinnen erneut ausziehen. Diese Nachschwärme sind meist weniger stark, haben noch geringere Überlebenschancen und sind für Imker besonders schwer zu kontrollieren. Nachschwärme mit jungen, unbegatteten Königinnen bleiben meist auch wesentlich höher in Bäumen sitzen als die Vorschwärme.
Im gut geführten Bienenvolk ist es das Ziel des Imkers, die Entstehung von Schwärmen zu vermeiden – sei es durch Schwarmverhinderung oder gezielte Schwarmkontrolle.
Vorteile des Schwärmens
- Natürliche Vermehrung: Der Schwarmtrieb dient der Arterhaltung. Durch die Teilung des Volkes entstehen neue Bienenvölker, was zur genetischen Vielfalt und Stabilität der Art beiträgt.
- Gesunde Bienen: Der Schwarm nimmt nur frische Nahrungsvorräte mit, verlässt eine potenziell mit Krankheiten belastete Behausung und beginnt mit frischem Wabenbau. Dies kann zu einem gesünderen Start führen.
- Wilde Bienenvölker: Schwärme, die sich erfolgreich ansiedeln, könnten zur Wildbienenpopulation beitragen – sofern sie überleben, was heute jedoch zunehmend selten ist.
Nachteile des Schwärmens
- Verlust für den Imker: Ein entflogener Schwarm bedeutet für den Imker einen erheblichen Verlust an Bienen, Honigvorräten und Arbeitskraft.
- Gefährdung des Schwarms: Ein Schwarm, der keine passende Unterkunft findet oder schlechtem Wetter ausgesetzt ist, kann schnell zugrunde gehen.
- Kaum Überlebenschancen in der Natur: Durch den Mangel an geeigneten Nistplätzen, die Ausbreitung der Varroamilbe und fehlende Betreuung haben Bienenschwärme heute in freier Wildbahn kaum eine realistische Überlebenschance.
- Belästigung und Unsicherheit: Schwärme, die sich in Wohngebieten niederlassen, können bei Passanten für Unsicherheit oder Angst sorgen – auch wenn Schwärme in der Regel friedlich sind.
- Produktionsausfall: Schwärmende Völker bringen in der Regel weniger Honigertrag, da ein großer Teil der Sammlerinnen mit der Königin das Volk (ca. 2/3 des ursprünglichen Volkes) verlässt.
Schwärmen als Reaktion auf gesundheitliche Probleme
Obwohl das Schwärmen typischerweise ein natürlicher Vermehrungsprozess im Frühjahr ist, können Bienenvölker auch aus gesundheitlichen Gründen schwärmen. Ein signifikanter Faktor ist ein hoher Varroabefall. In einigen Fällen reagieren Bienenvölker auf einen hohen Varroadruck, indem sie schwärmen. Durch das Schwärmen verlassen viele Bienen das befallene Volk, was zu einer Reduktion der Milbenlast führen kann. Zudem entsteht im zurückbleibenden Volk eine brutfreie Phase, da eine neue Königin heranwachsen muss. Diese Phase kann die Vermehrung der Varroamilben unterbrechen, da sie sich bevorzugt in der verdeckelten Brut vermehren.
Sollten Bienen aufgrund einer zu hohen Varroabelastung schwärmen, dürfte beim jeweiligen Imker bereits einige Zeit zuvor die Varroa außer Kontrolle geraten sein. Es bleibt fraglich, ob ein derartig befallenes Volk überhaupt eine Überlebenschance haben kann. Imker müssen regelmäßig den Varroabefall ihrer Völker kontrollieren und rechtzeitig geeignete Maßnahmen zur Bekämpfung ergreifen, um die Gesundheit und das Überleben ihrer Bienenvölker bestmöglich zu sichern.
Imkerliche Maßnahmen und Zuchtziele
Um unerwünschtes Schwärmen zu verhindern, haben Imker im Laufe der Zeit verschiedene Techniken und Strategien entwickelt:
- Regelmäßige Kontrolle der Schwarmstimmung durch Sichtung von Weiselzellen (Schwarmzellen),
- die Ablegerbildung (Abspaltung eines Teils des Volkes zur künstlichen Vermehrung. Die Schwarmvorwegnahme über einen Königinnenableger wird als eine wesengemäße Maßnahme angesehen),
- das Schröpfen (Entnahme von Brutwaben und Bienen zur Entlastung des Muttervolkes),
- das rechtzeitige Erweitern der Beute, um Platzmangel zu vermeiden,
- das Schneiden der Flügel der Alt-Königin (Das Schneiden der Flügel wird heutzutage eigentlich nicht mehr praktiziert und ist bei Bio-Betrieben sogar verboten. Diese Maßnahme ist insofern auch bedenklich, da die Königin flugunfähig den Stock verlässt und dann meist am Boden vor dem Stock liegen bleibt),
- sowie das Verhindern von Nachschwärmen (Hat der Imker erkannt, aus welchem Bienenstock die Bienen abgeschwärmt sind, gilt es etwaige weitere Weiselzellen im Bienenstock zu entfernen. Anderenfalls könnten daraus noch weitere Nachschwärme entstehen und die Volksstärke weiter reduzieren).
Ziel ist es, den Schwarmtrieb zu unterbrechen oder gezielt zu lenken.
Sollte dennoch ein Schwarm abgehen, gehört auch das Einfangen und Einschlagen des Schwarms zu den imkerlichen Maßnahmen:
- Ein Bienenschwarm sammelt sich nach dem Auszug aus dem Stock meist in dessen Nähe – etwa an einem Baum oder Strauch.
- Der Imker versucht, diesen Schwarm möglichst rasch zu fangen – meist durch Abklopfen in einen Schwarmfangkasten oder Korb. Damit der Schwarm ruhig sitzt, wird er zuvor mit Wasser besprüht. Schwärme die schon länger als zwei Tage am Baum sitzen werden zunehmend aggressiver, da diese bereits ihre Futterreserve verbraucht haben. Wesentlich beim Einfangen ist, dass die Königin gefangen wurde. Befindet sich die Königin im Fangkasten, können über einen Spalt im Kasten die übrigen Bienen angelockt werden. Sollte sich die Königin nicht im Kasten befinden, werden alle gefangenen Bienen wieder aus dem Fangkasten ausziehen.
- Der Schwarm wird dann an einen dunklen, kühlen Ort (Keller) gebracht und darf auf keinen Fall in der Schwarmfangkiste in der Sonne stehen gelassen werden (Gefahr des Verbrausens). Zu diesem Zeitpunkt kann der Bienenschwarm auch sehr gut mit Oxalsäure (Bienenwohl) besprüht oder beträufelt werden.
- Der Schwarm wird am Abend eingeschlagen, das heißt: in eine mit Mittelwänden vorbereitete Beute gegeben. Dabei ist zu beachten, dass durch kräftiges Stoßen der Kiste auf den Boden zunächst die Schwarmtraube gelockert werden muss.
- Dort beginnt das neue Volk mit dem Wabenbau und der Entwicklung – vorausgesetzt, die Königin ist dabei. Wird der Schwarm sofort gefüttert, baut er auch sofort die Mittelwände aus. Bei fremden Schwärmen wird empfohlen diese 2-3 Tage in Dunkelhaft aushungern zu lassen – sofern diese nicht schon 2-3 Tage im Baum hingen – um damit auch etwaigen Brutkrankheiten vorbeugen zu können. Solche Völker werden erst nach dieser Hungerphase in ihre neue Beute eingeschlagen und gefüttert.
- Zehn Tage nach dem Einschlagen des Schwarmes kann dann eine erste Kontrolle erfolgen. Der Imker kontrolliert den Wabenbau, die Volksstärke, die Weiselrichtigkeit und den Futtervorrat. Sollte es sich bei dem Schwarm um einen Vorschwarm gehandelt haben, müsste die alte Königin bereits wieder ein Brutnest angelegt haben. Im Falle eines Nachschwarmes sollte die junge Königin bereits begattet sein und mit dem Legen der Eier begonnen haben. Hier kann man also noch ein paar Tage warten und ein paar Tage später erneut das Brutnest kontrollieren. Sollte man bei der ersten Nachsicht aber Weisellosigkeit vermuten und das Volk unruhig sein, so ist eine sofortige Weiseprobe (Einhängen von offener Brut eines anderen Volkes) zu empfehlen. Sollten innerhalb von drei Tagen Weiselzellen angezogen werden, war das Volk tatsächlich weisellos. Ein weiselloser Schwarm bekommt dann entweder eine begattete Königin zugesetzt oder wird durch Aufsetzen mit einem Ableger vereinigt.
Diese Vorgehensweise ermöglicht es dem Imker, den Schwarm zu erhalten, ihm einen guten Start zu geben und gleichzeitig das ursprüngliche Volk zu entlasten.
Ein langfristiger Ansatz ist die Zucht auf Schwarmträgheit. Dabei werden bei der Zucht nur jene Bienenvölker vermehrt, die keinerlei Schwarmtendenzen aufweisen. Generell ist es ein Anliegen der heutigen Züchter, gesunde Bienen zu züchten, welche neben einer geringen Schwarmneigung sich auch durch ein ruhiges Verhalten (Sanftmut), hohe Leistung (Honigertrag) und einfache Handhabung (guter Wabensitz, Varroaresistenz) auszeichnen.
Auch das Alter der Königin ist entscheidend: Junge Königinnen schwärmen deutlich seltener als ältere. Deshalb bemühen sich Imker, ihre Völker regelmäßig mit jungen, vitalen Königinnen zu führen – zur Schwarmvermeidung und zur Förderung der Volksgesundheit.
Rechtlicher Hinweis (Salzburg)
In Salzburg ist das Einfangen von Bienenschwärmen gesetzlich geregelt. Gemäß dem Salzburger Bienenwirtschaftsgesetz dürfen Schwärme nur nach Maßgabe des § 384 ABGB eingefangen werden. Das bedeutet:
- Der ursprüngliche Besitzer hat ein Rückholrecht, solange er den Schwarm aktiv verfolgt und dieser sich noch nicht dauerhaft niedergelassen hat.
- Wird der Schwarm nicht verfolgt oder aufgegeben, kann er als herrenlos gelten.
- Zum Zweck des Einfangens dürfen auch fremde Grundstücke betreten werden. Dabei entstandene Schäden müssen jedoch ersetzt werden.
Diese Regelung schützt sowohl die Eigentumsrechte als auch die Interessen der Imker und dient dem verantwortungsvollen Umgang mit Bienenschwärmen.
Fazit
Das Schwärmen ist ein beeindruckendes, ursprünglich lebenswichtiges Verhalten der Honigbiene – in der heutigen Kulturlandschaft jedoch mit vielen Risiken verbunden. Schwärme, die sich selbst überlassen bleiben, haben kaum Überlebenschancen. Die moderne Imkerei setzt daher auf gezielte Maßnahmen, schwarmträge Linien, junge Königinnen und rechtzeitige Eingriffe, um Bienen und Imker gleichermaßen zu schützen.
Jeder Imker muss für sich persönlich entscheiden, welche Ziele er mit seiner Imkerei verfolgt – sei es die Maximierung des Honigertrags, die Förderung der Bienengesundheit oder die naturnahe Bienenhaltung. Entsprechend dieser Ziele sind die imkerlichen Maßnahmen anzupassen, stets unter Berücksichtigung des eigenen Umfelds und der gesetzlichen Vorgaben.
Klar ist jedoch: Imker, die das Abschwärmen ihrer Völker bewusst zulassen oder fördern, tragen auch die Verantwortung dafür, dass diese Schwärme eingefangen werden. Gerade im städtischen Bereich ist kritisch zu hinterfragen, inwieweit es sinnvoll ist, die Bienen ihren Schwarmtrieb ausleben zu lassen.
Ein verantwortungsvoller Umgang mit dem Schwarmverhalten der Bienen ist daher nicht nur eine Frage der imkerlichen Praxis, sondern auch der rechtlichen und ethischen Verantwortung gegenüber der Umwelt und der Gesellschaft.
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