Imkerfachtagung – 15. Jänner 2023 – Vortrag Andreas Platzer

Autoren: Elisabeth Karl, Bernd Meierhofer

Am 15. Jänner 2023 fand beim Gasthaus Pointwirt in Scheffau eine Imkerfachtagung mit einem Vortrag von Hrn. Andreas Platzer zum Thema „Ursachenfeststellung bei Völkerverlusten“ und „Varroabekämpfung mittels totaler Brutentnahme“ statt.  Hr. Ing. agr. Andreas Platzer ist Fachberater für Imkerei und Leiter der Südtiroler Imkerschule.

Im Zuge der Veranstaltung wurden auch fünf Carnica-Reinzuchtköniginnen aus der Zucht von Josef Pötzleitner (Belegstellenwart der Carnica Belegstelle LS5 – Abtenau Zinkenbach) und ein Kunstschwarm verlost.

Viele Imker folgten der Einladung des Salzburger Landesverbands für Imkerei und Bienenzucht zur Imkerfachtagung. Die Organisation und Abwicklung der Veranstaltung wurde aber vom Tennengauer Gauobmann (Pichler Josef) und seiner Frau dankenswerterweise übernommen und mit großer Professionalität durchgeführt. Die Veranstaltung war restlos ausgebucht und der Saal im Gasthaus Pointwirt vollständig gefüllt. 127 Personen nahmen an der Veranstaltung teil. Ein große Anerkennung ist hier auch dem Team im Gasthaus Pointwirt auszusprechen, da wenige Stunden vor der Imkerfachtagung noch ein Rot-Kreuz-Ball im gleichen Saal stattgefunden hat.

Nun zum Vortrag von Hrn. Andreas Platzer. Der Vormittag stand im Zeichen des Themas „Ursachenfeststellung bei Völkerverlusten“. Nach der Mittagspause wurden dann abgestorbene Bienenvölker, welche von ein paar Teilnehmern mitgebracht wurden, untersucht und versucht deren Todesursache zu ermitteln. Diese Untersuchung und die anschließende Bewertung der Völker wurde natürlich anonym durchgeführt um auch keinen Teilnehmer zu kompromittieren.  Der weitere Nachmittag stand dann im Zeichen von „Totaler Brutentnahme“.

Ursachen für Völkerverluste

Wenn Bienenvölker sterben, so ist dies neben dem finanziellen Schaden auch ärgerlich und frustrierend.  Hr. Platzer rät, dass man die Ursache für tote Bienenvölker möglichst genau untersuchen sollte. Jeder Imker sollte für seine tote Bienenvölker einen Totenschein mit Angabe der Todesursache ausstellen.

Häufige imkerliche Praxis bei toten Bienenvölkern ist es, dass das restliche Winterfutter der abgestorbenen Bienenvölker aufgehoben und dann später zur Bildung von Ablegern verwendet wird. Hr. Platzer stellt die Sinnhaftigkeit dieser Vorgehensweise klar in Frage, zumal hier Krankheiten von Volk zu Volk verbreitet werden können und der Wert einer Futterwabe nur bei ca. 3 € liegt. Durch das Umhängen dieser Futterwaben könnte aber ein Bienenvolk im Wert von ca. 150 € vernichtet werden. Waben von toten Völkern mit Brutresten dürfen niemals in anderen Völkern weiterverwendet werden.

Hr. Platzer spricht sich klar gegen unnötige Transporte von Bienen über weite Strecken aus (Zitat: „die eigene Dummheit bringt die Bienenkrankheiten zu uns“).

Worauf gilt es bei der Erforschung der Todesursache eines abgestorbenen Bienenvolks zu achten:

  • Sind Bienen vorhanden? Falls ja, wo sind diese vorhanden?
  • Wie sehen die vorhandenen Bienen aus? Trocken, feucht, ölig?
  • Ist Futter vorhanden? Falls ja, wie sieht das Futter aus? Wie riecht es und wie schmeckt es?
  • Sind Brutflächen vorhanden? Falls ja, wie sehen diese aus?
  • Wie sehen die Waben aus? Besonderes Augenmerk liegt auf den Zellen

Futter

Hat das Futter einen aromatischen Geschmack, handelt es sich nicht um eingefüttertes Winterfutter sondern um Nektar, welchen die Bienen nach der Honigernte noch gefunden haben. Spättrachten (z.B. eine späte Tracht der Tannen oder vom Springkraut), wie sie auch dieses Jahr vorgekommen sind, können ein Problem sein, wenn diese zu einer Verkleinerung der Brutfläche führen und die Bienen somit nicht genug Platz zum Aufbau der notwendigen Winter-Volksstärke haben. Es entstehen in Folge kleine Völker, welche aber nicht die ausreichende Volksstärke für die Überwinterung haben. Solche Völker sind zu schwach um sich in kalten Winterphasen ausreichend zu wärmen. Die toten Bienen liegen dann am Beutenboden oder sitzen noch auf den Waben. Es gilt also zu überprüfen, wie viel Futter im Vergleich zur Größe des Brutnests noch vorhanden ist.

Abgelaufenes Glykose-Futter und Futter aus Efeu-Spättracht wird kristallisieren. Efeu-Nektar kommt aber bei uns nie in solchen Mengen vor, dass er problematisch werden könnte. Anders sieht es bei abgelaufenem Futter aus. Hier sparen Imker oftmals an der falschen Stelle.

Ist der Mineralstoffgehalt im Futter zu hoch, kann es zu einer Ruhr-Erkrankung (Kot auf den Waben) der Bienen kommen.

Wachsplättchen auf den Stockwindeln sind ein Indiz, dass es den Bienen gut geht und sie mit dem Wabenbau beschäftigt sind.

Eine weitere Ursache für zu kleine Völker könnte auch eine zu späte Ameisensäurebehandlung gewesen sein. Die Ameisensäurebehandlung verbrennt die Brut. Eine Königin muss daher nach einer Ameisensäurebehandlung ihre Legeleistung steigern um noch ein ausreichend starkes Wintervolk aufbauen zu können. Alte oder schwache Königinnen können diese Leistung möglicherweise gar nicht mehr erbringen.

Tote Bienen

Der Feuchtigkeitsgrad der toten Bienen gibt Auskunft über den Todeszeitpunkt. Sind die Bienen noch feucht (Zerreiben auf den Handflächen, feuchte Bienen färben die Handflächen schwarz), sind diese erst kürzlich verstorben. Trockene Bienen sind bereits über mehrere Wochen tot. Ölig werden die Bienen, falls diese durch Übersäuerung verstorben und dann in der Wintertraube mehrfach aufgetaut sind.  Übersäuerung durch zu viel Oxalsäure findet häufig bei Imker-Anfängern statt, wenn diese die Völker zu vielen Behandlungen unterziehen.

Fliegen legen ihre Eier in die wiederholt gefrorene und wieder aufgetaute Bienenmasse. Das Absterben in der Wintertraube kann passieren, wenn das Volk oftmals gestört wurde und sich nicht mehr ausreichend erwärmen konnte (z.B.: Spechtschaden).

Hr. Platzer empfiehlt auch das Aussehen der toten Bienen näher zu untersuchen. Dafür empfiehlt er die Methode des „Soldatenfriedhofs“. Dabei werden die toten Bienen auf einem A4-Blatt nach ihrer Größe sortiert. Dabei wird eine Gruppe von großen (normalen), mittelgroßen und kleinen Bienen gebildet. Insbesondere bei sehr vielen mittelgroßen und kleinen Bienen ist Gefahr in Verzug. Die Flügel der Bienen sollten ca. gleich lang zum Hinterleib der Bienen sein. Bei zu kleinen Bienen stehen die Flügel über den Hinterleib hinaus. Dies ist bereits ein klarer Hinweis für einen Varroaschaden. Die Entwicklung der Bienen wurde bereits im Larvenstadium durch die Varroa gestört. Haben die toten Bienen einen dunklen, kahlen Hinterleib, ist das ein Anzeichen für eine Viruserkrankung mit CBPV oder ABPV. Haben die Bienen rundherum die Haare verloren, ist diese ein Anzeichen einer Übersäuerung durch zu viel Oxalsäure.

Befinden sich in einem Volk nur noch die Königin mit einem kleinen Haufen an Arbeiterbienen, könnte beim Volk auch eine Nosema ceranae Erkrankung vorliegen. Anders als bei der Nosema apis sind bei der Nosema ceranae keine oder nur sehr wenige Kotsporen der Bienen zu finden. Nosema ist stark ansteckend und es gibt keine Mittel dagegen. Die Übertragung auf andere Völker erfolgt durch kontaminierte Waben, Imker-Werkzeug oder durch Räuberei und Verflug der Bienen. Bei Nosema ceranae sind Krabbler-Bienen auffällig. Es können aber nur wenige tote Bienen im Stock selbst gefunden werden, da die erkrankten Bienen abfliegen. Bei einer Nosema ceranae Erkrankung dauert es dann 8-14 Tage, bis das Volk abstirbt.

Hinweis von Wikipedia: „Der Imker kann aber Nosema verhältnismäßig einfach diagnostizieren: Man zieht aus dem Hinterleib einer toten Biene zwischen Daumennagel und Zeigefingerkuppe den Stachelapparat und den daran hängenden Enddarm. Ist der Inhalt des Enddarms weißlich-glasig, so handelt es sich mit großer Wahrscheinlichkeit um Nosema. Eine gesunde Biene hat einen gelblich-hellbraunen Darminhalt. „

Eine weitere Ursache für kleine Völker könnte auch eine Beschädigung der Königin durch eine Ameisensäurebehandlung sein.

Abgespreizte Flügel der Bienen weisen auf eine Muskellähmung der Bienen hin, verursacht durch den Flügeldeformationsvirus.

Da bei toten Völkern die Varroamilben im Wintergemüll auf den Windeln nur schwer zu finden sind, empfiehlt Hr. Platzer den Bond-Test. Beim Bond-Test wird eine Hand voll mit toten Bienen in einem 250g Honigglas mit einer wässrigen Seifenlösung gewaschen. An den Bienen anhaftende Parasiten sind dann sehr schnell zu sehen. Wichtig ist, dass nicht zu viel Seife verwendet wird. Hier reicht es, wenn ein Tropfen Seifenlauge auf den Finger getropft wird und dann mit diesem Finger der Inhalt im Glas umgerührt wird.

Waben

Waben von toten Völkern immer abklopfen und überprüfen, ob Milben abfallen. Zusätzlich die Waben auch auf Varroakot in den Zellen untersuchen. In einem intakten Volk wird kein Varroakot zu finden sein.

Auch die Zellränder anschauen. Falls die Bienen ordnungsgemäß geschlüpft sind, sind die Zellränder dick. Wurde die Zelle aber von außen geöffnet, sind die Zellränder dünn. Hr. Platzer verglich dies mit einer Konservendose, bei der der Deckel komplett abgeschnitten (Zelldeckel wurde von außen geöffnet) oder mit einem Dosenöffner geöffnet wurde (Zelldeckel wurde von innen geöffnet).

Untersuchung von verdeckelten Zellen

Bienen erkennen die Wärme in den Zellen und können eine entsprechende Wärmeregulierung durchführen. Falls die Bienen erkennen, dass von einer Zelle keine Rückmeldung kommt, schauen die Biene nach. Sie öffnen dann den Zelldeckel um zu kontrollieren, ob die Puppe noch lebt. Falls ja, machen sie die Zelle wieder zu. Die Bienen können nachträglich aber nur den Wachsdeckel ausbessern und nicht aber das von der Puppe im Inneren der Zelle gebildete Gespinst. Solche Zelldeckel bekommen somit weiße Flecken und sind dann ein klarer Hinweis für Varroa in der Brut.  Solche Völker sind aus der Produktion zu nehmen und speziell zu behandeln.
Öffnet man verdeckelte Zellen und findet man darin eine abgestorbene Puppe, ist dies solange kein Problem, solange hier noch eine abgestorbene Puppe erkennbar ist. Kritisch wird es, falls hier nur noch eine zersetzte, fadenziehende Masse in den geöffneten Zellen gefunden werden kann. Dies könnte dann ein Hinweis für Faulbrut sein.

Sind im Volk schimmlige Waben zu finden, passen Wabenmenge und Volksstärke nicht zusammen.

Totale Brutentnahme

Hr. Platzer erklärte, wie es in Südtirol zum Varroa-Behandlungskonzept mit der totalen Brutentnahme (TBE) gekommen ist. Ameisensäure war in Italien lange Zeit nicht zugelassen.  Die Südtiroler-Imker wollten ein Konzept, welches die folgenden Punkte adressiert:

  • Wir haben ein Hygiene-Problem
  • Wir haben ein Rückstands-Problem
  • Wir haben ein Varroa-Problem
  • Wir haben teilweise Resistenzprobleme
  • Wir haben kein Re-Invasionsproblem

Die Südtiroler-Imker entschieden sich deshalb, mit der TBE die Varrobehandlung und die Bauerneuerung zu kombinieren. Quasi zwei Fliegen mit einer Klappe. Es gab auch zahlreiche negative Stimmen („Die Völker werden zu stark geschwächt, Die Bienen haben dann zu wenige Winterbienen/Pollenvorräte“) zu diesem Behandlungskonzept. Trotz dieser Argumente konnten die Gegner aber in den letzten Jahren großteils von den Vorteilen der TBE überzeugt werden.

Hinweis: Auf eine Winterbehandlung (Restentmilbung) kann niemals verzichtet werden! 

Wie läuft die TBE nun im Detail ab?

Ausgangssituation

Erntereife Bienenvölker, Varroadruck im Toleranzbereich, Bienenanzahl im Normalbereich

Vorbereitung

Freie Zargen + Deckel zum Verstauen der Altwaben. neue Rähmchen mit Mittelwänden,  Kunstschwarmkiste

Ablauf

  1. Einsetzen einer Leerwabe 4 Tage vor der Honigernte/Brutentnahme mittig in das Brutnest (Fangwabe – optional). Dieses Rähmchen am besten mit einem Reißnagel kennzeichnen.
  2. Honigernte.
  3. Alle Bienen im Stock (inkl. Königin) werden in einer Schwarmkiste einlogiert
  4. Alle Rähmchen im alten Stock werden entfernt und durch Rähmchen mit Mittelwänden ersetzt. Achtung: das alte Bodenbrett muss unverändert bleiben. Auch nicht reinigen. Das alte Bodenbrett ist der letzte Bezugspunkt für das Bienenvolk zur alten Beute.
  5. Das Volk wird aus der Schwarmkiste wieder retour in die Beute gegeben
  6. Einsetzen der gekennzeichneten Fangwabe (optional). Auf der Fangwabe befinden sich nur frische Eier
  7. Das Volk wird in kleinen Futtermengen (2,5 Liter) wieder aufgefüttert. Dies dürfen nur kleine Futtermengen sein, da das Volk ja erst wieder Zellen zum Einlagern bauen muss

Nach 5-7 Tagen sollten die Mittelwände ausgebaut und neue Futterkränze vorhanden sein. Nach dieser Wartepause empfiehlt Hr. Platzer eine Varroa-Bekämpfung, sofern nicht mittels Fangwabe gearbeitet wurde. Wurde mit einer Fangwabe gearbeitet, ist diese 14 Tage nach der TBE zu entfernen und einzuschmelzen. Mit der Fangwabe oder der Varroa-Bekämpfung sollten nun auch jene Varroamilben eliminiert worden sein, welche auf den Bienen aufgesessen sind.

Hr. Platzer sieht das Konzept auch darin bestätigt, dass Kunstschwärme in der Imkerei als die Rennpferde der kommenden Saison gelten. Bei der TBE passiert im Grunde ja das Gleiche, da die Völker von der Varroa befreit werden und einen komplett neuen Wabenbau erhalten. Von den Südtiroler Imkern wurden auch Versuche unternommen die TBE mit Leerwaben zu machen. Diese waren aber weniger erfolgreich. Hr. Platzer vermutet, dass die Bienen den notwendigen Bautrieb nur mit Mittelwänden entwickeln.
Hr. Platzer sieht bei der TBE auch Parallelen zum Schwärmen von Bienen. Insbesondere zum Abschwärmen aufgrund des natürlichen Fluchtverhaltens (Absconding) der Bienen.

Von einer Bildung von Brutscheunen wird von Hr. Platzer abgeraten. Brutscheunen sind laut Hrn. Platzer „vergebliche Mühe“. Diese Völker entwickeln sich in Folge nicht schön.

Vorteile der TBE

  • Reduktion der Varroa-Belastung auf ein absolutes Minimum ohne bzw sehr geringem Einsatz von Behandlungsmitteln
  • Durch den frischen Wabenbau kann die Keimbelastung im Volk reduziert werden 

Nachteile der TBE

  • Materialschlacht
  • leicht erhöhter Futtereinsatz
  • Aufwand für die Entsorgung der Brutwaben

Wie bei allen Maßnahmen im Bienenstock, die einigen Bewohnerinnen und Bewohnern das Leben kosten könnten, sollte man auch bei der TBE Überlegungen zur Bienenethik anstellen, um eine Entscheidung treffen zu können, mit der man auch persönlich am besten umgehen kann.

Fazit

Die Imkerfachtagung war eine sehr gelungene Veranstaltung. Wir wollen uns an dieser Stelle nochmals sehr herzlich für die Organisation der Veranstaltung und natürlich beim Vortragenden Hrn. Andreas Platzer bedanken! Hoffen wir, dass die Imker zukünftig nur wenige Totenscheine für unsere Bienen ausstellen müssen! Der Vortrag hat uns aber gelehrt, dass wir aus unseren Völkerverlusten die richtigen Schlüsse ziehen müssen um zukünftig imkerliche Fehler bestmöglich vermeiden zu können. Reflektiertes Handeln ist in der Imkerei ein absolutes Muss.

Update vom 23.1.2025

Von Hrn. Platzer wurde zur Nosema ceranae nun folgendes Merkblatt herausgegeben:

1 Kommentar
  1. Robert
    Robert sagte:

    Vielen Dank an Elisabeth und Bernd für diese hervorragende Zusammenfassung!
    Es lohnt sich, wenn ImkerInnen diese Website öfters „besuchen“!

    Antworten

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